Essen. Seit einem Vierteljahrhundert kümmert sich Pro Asyl Essen um Flüchtlinge und verleiht ihnen eine Stimme. OB würdigt diese Arbeit als unverzichtbar.

  • Seit 1991 kümmert sich Pro Asyl um Flüchtlinge und gibt ihnen eine Stimme
  • Oberbürgermeister Thomas Kufen würdigt diese Arbeit als unverzichtbar
  • Niema (24) kam vor drei Jahren aus dem Iran und sagt: „Pro Asyl ist meine Familie.“

Neuerdings steht ihr Thema bundesweit ganz oben auf der Tagesordnung, wird in Rathäusern wie an Stammtischen diskutiert – und die Aktivisten von Pro Asyl sind plötzlich gefragte Gesprächspartner. Dass sie sich in Essen bereits seit 25 Jahren um Flüchtlinge und deren Rechte kümmern, war nun Anlass für eine Jubiläumsfeier, bei der Oberbürgermeister Thomas Kufen in einer Doppelrolle auftreten sollte.

Als Gastredner nämlich erzählte Kufen, dass er selbst seit zehn Jahren Mitglied bei Pro Asyl ist. Mit manchmal kuriosen Folgen, verriet der Christdemokrat: „Dieses Engagement hat dazu geführt, dass ich schon mal Gaby Giesecke gewählt habe.“ Denn die Ratsfraktionschefin der Linken ist auch Vorstandsmitglied bei Pro Asyl; und dort zähle eben nicht Parteipolitik, so Kufen, „da steht der Mensch im Mittelpunkt“. Das Menschliche nicht aus den Augen zu verlieren, „auch einmal in den Schuhen des anderen zu gehen“ – das seien Tugenden, die mancher Mitarbeiter der Verwaltung von Pro Asyl lernen könne. „Wir als Stadt Essen können auf Ihre Arbeit nicht verzichten, weil Sie ein wichtiges Korrektiv darstellen.“

Integration als Daueraufgabe

Das gelte besonders seit dem verstärkten Zustrom von Flüchtlingen im vergangenen Jahr, einer Situation, „die wir nicht als flüchtiges Rendezvous mit der Globalisierung abtun sollten“: Zwar dürfe man stolz sein auf das Geleistete, doch die Pioniere von Pro Asyl wüssten ja, dass Integration eine Daueraufgabe sei. Hier sei Pro Asyl ein Partner, der „in 25 Jahren viel Know-How angesammelt“ habe.

Dass es daran in der Anfangszeit womöglich noch fehlte, bestätigt Inka Jatta, die 2002 als Praktikantin bei Pro Asyl startete, bis heute blieb und inzwischen Geschäftsführerin ist. „Als ich anfing, saßen in einem großen Raum viele Leute, machten kreuz und quer Beratung, hatten wenig Ahnung, aber wollten allen helfen.“ Längst arbeite man professioneller, aber ebenso kämpferisch. Und das in vielen Jahren erworbene Fachwissen werde nicht nur genutzt, um dem einzelnen Ratsuchenden zu helfen, sondern auch um politisch für die Belange aller Flüchtlinge zu kämpfen.

"Formulare ausfüllen, die man nicht mal versteht"

Denn so erfreulich die vom OB beschriebene Anerkennung durch die Stadt ist, so partnerschaftlich man in manchem Asylheim zusammenarbeitet, Pro Asyl legt naturgemäß Wert auf Unabhängigkeit, auf die eigene Agenda. Bernd Brack, der seit den ersten Tagen dabei ist, der Hausaufgabenbetreuung organisiert und Kleiderkammern aufgebaut hat, der den Wert eines warmen Pullovers und eines freundlichen Wortes kennt, betont: „Wir dürfen nicht nur Versäumnisse reparieren, wir müssen auch eine Stimme haben, um auf Missstände hinzuweisen, um Druck zu machen gegenüber Bund, Land – und der Stadt.“ Kein städtischer Mitarbeiter solle ja Gesetze missachten, „aber bei den meisten Gesetzen gibt es Ermessensspielräume“.

Diese großzügig auszulegen, wäre wohl auch der Wunsch des 24-Jährigen Niema, der vor drei Jahren aus dem Iran nach Deutschland kam und sich an die Anfangszeit erinnert: „Man ist ganz neu hier und soll Formulare ausfüllen, die man nicht mal versteht.“

Dass Sprache der Schlüssel für alles weitere ist, muss ihm niemand erzählen: Weil es damals keinen Integrationskurs für ihn gab, habe er Deutsch im Selbststudium erlernt; heute spricht er fließend, steht vor dem Berufseinstieg. Damit Sprache mehr ist als ein Werkzeug, brauche es aber auch die Begegnung mit den Deutschen. Und die hat der 24-Jährige auch bei Pro Asyl gefunden: „Es ist wie ein Zuhause. Pro Asyl ist meine Familie.“