Essen. . Ein Städtevergleich des Internetportals „Preisvergleich“ zeigt: Nirgends in Deutschland gibt es mehr Strafanzeigen wegen Beförderungserschleichung als in Essen.

  • Die meisten Schwarzfahrer werden bei den Schwerpunktkontrollen erwischt
  • Die Einnahmeverluste der Evag steigen auf mindestens sechs Millionen Euro
  • Höhere Strafen haben die Schwarzfahrer bisher nicht abgeschreckt

Die Polizei und die Verkehrsgesellschaft Evag beobachten schon seit Jahren steigende Schwarzfahrer-Zahlen: 2015 wurden in Essen 10.561 Strafanzeigen wegen Beförderungserschleichung gestellt, davon kamen 6100 Anzeigen von der Evag. Das ist ein neuer Negativ-Rekord – obwohl Schwarzfahrer seit August 2015 sogar 60 statt 40 Euro Strafe zahlen. Das Internetportal „Preisvergleich.de“ betitelt Essen jetzt gar als „Schwarzfahrer-Hochburg“. Es kam zum Ergebnis, dass in Essen verglichen zur Bevölkerungszahl im Vorjahr bundesweit die meisten Strafanzeigen gestellt wurden: 1841 Anzeigen je 100.000 Einwohner. Auf den Plätzen folgen Freiburg (1741) und Hannover (1732). Schlusslicht ist Remscheid (63).

Noch vor sieben Jahren gab es in Essen nicht mal halb so viele Anzeigen wegen Beförderungserschleichungen. „Gerade“ 4621 wurden 2009 gezählt. Seither geht die Kurve bis auf einen kleinen Knick im Jahr 2013 nach oben.

Einnahmeverluste der Evag steigen weiter

Gegen die meisten Ertappten kommt es nicht mal zu einer Strafanzeige (in diesen Fällen drohen Geldstrafe oder bis zu einem Jahr Haft). Die Evag greift erst zum scharfen Schwert, wenn es sich um Wiederholungstäter handelt. „Zudem werden bei Beleidigungen oder tätlichen Angriffen gegenüber unserem Prüfpersonal Strafanzeigen wegen Beförderungserschleichung gestellt“, erklärt Evag-Sprecher Olaf Frei. Die anderen bekommen ein Knöllchen, sie müssen das sogenannte „Erhöhte Beförderungsentgelt“ (EBE) zahlen, das zwar vor einem Jahr von 40 auf 60 Euro erhöht wurde, aber – wie berichtet – nicht den gewünschten abschreckenden Effekt hat. Die Zahlen steigen weiter – und damit die Einnahmeverluste der Evag.

Zum Vergleich: Im Jahre 2012 lag die von der Evag errechnete Schwarzfahrer-Quote bei 1,81 Prozent, im Jahr darauf schon bei 2,12 Prozent, und 2015 kletterte sie auf ein neues Hoch von 2,55 Prozent. Wurden die durch Schwarzfahrten verursachten Einnahmeverluste 2012 noch mit 3,8 Millionen Euro angegeben, so stieg die von der Evag-Zentrale berechnete Kalkulation bis 2015 gar auf sechs Millionen Euro.

Prüfer nehmen bei Schwerpunkteinsätzen ganzen Bahnhof ins Visier

Und möglicherweise geht dem Verkehrsunternehmen noch viel mehr Geld durch die Lappen. Die Schwarzfahrerquote von 2,55 Prozent für 2015 berechnet das Unternehmen aus dem Verhältnis zwischen dem im Vorjahr kontrollierten 1,65 Millionen Fahrgästen und den 42 350 Personen, die kein gültiges Ticket vorzeigen konnten. Das sind die Gesamtzahlen sowohl von den Prüfern, die täglich in Bahnen und Bussen auf Streife sind, als auch der großen Teams, die bei Schwerpunkteinsätzen einen ganzen Bahnhof stundenlang genau im Visier haben – und sich dabei für Schwarzfahrer kein Schlupfloch bietet.

Dabei fällt zumindest in den letzten Wochen auf, dass die Schwarzfahrerquote bei Großkontrollen viel höher ausfällt:

  • 25. Mai, Rathaus Essen: 4,76 Prozent.
  • 3. Juni, Katernberger Markt: 4,38 Prozent.
  • 6. Juni, Haltestelle Thyssen-Krupp: 7,85 Prozent! Mehr als drei mal so viel wie im Jahresschnitt 2015.

Gut möglich, dass die Evag ihre Zahlen dieses Jahr noch weiter nach oben korrigieren muss.