Essen. Das Museum Folkwang zeigt als erstes Haus in Europa einen Überblick zum aktuellen chinesischen Plakat- und Buchdesign von bedeutendem Umfang.

Das Land der tausend Wachstumsmöglichkeiten hat in den vergangenen Jahren nicht nur die internationalen Märkte aufgemischt. Auch für die junge Generation der chinesischen Grafikdesigner waren die letzten Jahrzehnte eine Zeit des kreativen Aufschwungs. Universitäten und Hochschulen wurden gegründet, internationale Trends adaptiert und noch weitgehend unbeachtet von Europa eine Formsprache entwickelt, die westliche Werbe-Kniffe mit den chinesischen Traditionen der Kalligrafie und Typografie heute ganz selbstverständlich verbindet. Das Deutsche Plakat Museum im Museum Folkwang gibt nun einen ersten vielseitigen Überblick. „Schriftbilder – Bilderschriften“ heißt die Ausstellung zur aktuellen chinesischen Plakat- und Buchgestaltung. René Grohnert, Chef des Plakatmuseums, ist stolz darauf, „dass wir die Ersten sind, die eine Schau in so einem Umgang ermöglichen“.

Informationen zur Ausstellung

Die Ausstellung „Schriftbilder – Bilderschriften. Chinesisches Plakat- und Buchdesign heute“ ist bis zum 31. Juli im Museum Folkwang, Museumsplatz, zu sehen. Öffnungszeiten: Di/Mi 10-18 Uhr, Do/Fr 10 bis 20 Uhr, Sa/So 10 bis 18 Uhr. Eintritt frei.

Das Buch zur Ausstellung ist bei hesign International GmbH erschienen, 408 S., 69 Euro.

Grohnert hat die Ausstellung mit rund 50 Designbüchern und über 100 Plakaten von rund 50 chinesischen Gestaltern nach intensiver Recherche und in enger Kooperation mit Kennern der Szene entwickelt wie dem heute in Berlin lebenden Designer und Co-Kurator Jianping He, der vor Jahren fürs Grafik-Studium nach Deutschland gekommen ist. Denn die in der Volksrepublik China lange Zeit streng kontrollierte Ware Werbung erlebt dort inzwischen eine enorme Entwicklung.

Plakat war für den Innenraum gedacht

War Ende der 1980er Jahren zunächst das südchinesische Shenzhen als erste Sonderwirtschaftszone die Wiege einer neuen qualitativen Werbestrategie, zeigt die Ausstellung nun auch Plakatkunst aus vielen anderen Zentren Chinas und Taiwans, von Nanjing bis Hangzhou, von Beijing bis Shanghai. Die Themen reichen vom Tag der kantonesischen Oper bis zur prall-orange illustrierten Junk Food-Frucht. Die Arbeiten heben sich dabei thematisch angenehm ab vom flirrenden, elektronischen Werbe-Blingbling, das die asiatischen Millionenmetropolen heute bis in den letzten Lebenswinkel ausleuchtet.

Das chinesische Plakat hingegen hat einen anderen historischen Werdegang, erklärt Grohnert. Gedacht war es lange Zeit nur für den Innenraum und fällt deshalb meist kleiner und detailreicher aus. Mögen die Zeichen und Inhalte für den westlichen Betrachter dabei manchmal auch schwer zu entschlüsseln sein, geht doch ein ganz besonderer ästhetischer Zauber und Qualitätsanspruch von den Arbeiten aus. So federleicht hingetuscht wie bei Tai-Keung Kan hat wohl noch nie eine Boxrunde auf Papier stattgefunden. Und auch für das olympische Bogenschießen braucht es nur wenige Federstriche. Das Ziel der Botschaft ist da längst verlässlich angepeilt.