Essen-Kettwig. . Die Kettwigerin Carola Kraft hat ihren Sohn Matthias in China besucht. 2016 möchte sie vielleicht noch einmal dort hin - 8214 Kilometer weit weg.

Wenn die Kinder ausziehen, ist es immer schwer für Eltern. Wenn die Kinder dann in Hamburg oder München leben, schaut man an den Wochenenden gern mal vorbei.

Der Sohn von Carola Kraft lebt und arbeitet in China. 2004 war er zum ersten Mal dort. Als Fan des Schauspielers und Kampfsportlers Bruce Lee zog es ihn in das Land mit den vielen Widersprüchen, der so gänzlich anderen Kultur.

Doch dabei blieb es nicht. Immer wieder setzte er sich in den Flieger, arbeitete als Deutschlehrer in einer Kita in Shanghai, als Englischlehrer in einem Privat-Kindergarten. Kam zurück, flog wieder hin. Mittlerweile ist er dort heimisch geworden, hat sich die Sprache selbst beigebracht - „und das so gut, dass ihn ein Taxifahrer in der Dunkelheit für einen Einheimischen gehalten hat“, sagt Carola Kraft.

Stromkästen statt Briefkästen

Der 29-Jährige unterrichtet jetzt an verschiedenen Schulen, hat seit einem halben Jahr eine chinesische Freundin und lebt in einer für chinesische Verhältnisse sehr großen Wohnung. 80 Quadratmeter hat sie, in der 28. Etage. „Da, wo wir die Briefkästen haben, sind dort Stromkästen. Da steckt man eine Karte rein, und der Betrag für den Strom wird abgebucht. Und das Wasser dort kann man nicht trinken - es gibt spezielle Wasseranlagen“, erzählt Carola Kraft.

Denn sie hat Matthias jetzt besucht. „Ich wollte mal schauen, ob es ihm wirklich gut geht.“ Und es geht ihm gut. 8214 Kilometer von zu Hause entfernt, hat er sich ein neues Leben aufgebaut. „Wir hatten auch vorher immer viel Kontakt. Wir chatten und skypen, und dann habe ich das Gefühl, er steht direkt neben mir.“ Aber mal selbst nachschauen, wie’s so läuft, war dran. Zur eigenen Beruhigung und trotz etwas Flugangst.

500 Chinesen warten auf Eintritt

Genossen hat sie die Zeit in China, „obwohl wir immer Temperaturen knapp an die 40 Grad hatten“. Sie hat die Chinesische Mauer besucht („beeindruckend“) und war drei Tage lang in Peking. „Doch das war nicht mein Ding. Es war hektisch, die Menschen waren sehr unfreundlich, und alles ist furchtbar teuer dort.“ Wenn schon Peking, dann auch „Verbotene Stadt“. Doch das Meisterwerk chinesischer Architektur bekam die Kettwigerin nur von außen zu sehen. „Morgens um 11 Uhr standen schon rund 500 Chinesen vor der Kasse. Und das bei einer irrsinnigen Hitze.“ Dann eben ein Shaolin-Tempel - und natürlich die Karaoke-Bar.

Drei Mal hat Carola Kraft für ihren Sohn gekocht. Spaghetti Bolognese, Pfannkuchen und gefüllte Paprika. Ein bisschen Europa mitten in der Volksrepublik. Und mit dem Chef von Matthias waren sie essen. „Das war eine verrückte Situation. In China kommt die Mama direkt nach dem Staatsoberhaupt - solch ein hohes Ansehen genießen die Mütter dort. Und deshalb hat mich sein Chef gefüttert.“ Quasi als Ehrerbietung.

Beim Spaziergang durch die Einkaufspassagen und Supermärkte verging Carola Kraft allerdings oft Appetit. „Da stehen Schüsseln mit Maden und geröstete Zikaden. Ich habe kein Getier gegessen.“

Bäume gibt es nur in Parks

Bäume - die haben Carola Kraft gefehlt. „Die gibt es dort nur in den angelegten Parks.“ Und viel Armut hat sie gesehen, „die leben sogar teilweise in abbruchreifen Hütten“. Natürlich habe Matthias auch Heimweh, „aber er vermisst nur bestimmte Menschen, ansonsten fehlt ihm dort nichts“.

Sein Visum gilt noch ein Jahr. „Vorläufig wird er auf jeden Fall bleiben.“ Das weiß Carola Kraft. Aber nichts spricht gegen einen weiteren Besuch. Schon 2016. Bis dahin will sie Englisch lernen. „Ich wollte es erst mit Chinesisch versuchen, aber das ist super schwer.“ Es reicht ja auch, wenn einer in der Familie diese Sprache spricht - schließlich kann Matthias übersetzen. Natürlich fließend.