Essen. . Kegeln und Kniebeugen sind nicht mehr das einzige Angebot im Seniorensport. Zu Gast bei der Senioren-Turntruppe einer Essener Alten-Residenz.

In fünf Wochen zum perfekten Sommer-Körper: So verspricht es der Fitness-Anbieter nebenan. In der Rüttenscheider Seniorenresidenz Mundus sind die sportlichen Ziele an diesem Vormittag ein bisschen niedriger gesteckt: Gelenke beweglich halten, Muskulatur stärken, Koordination trainieren.

Als Übungsleiterin Birte Schmidt vor ein paar Jahren ihr Amt angetreten hat, da zählte die Senioren-Turntruppe gerade mal sechs Leute. Inzwischen hat sich die Teilnehmerzahl locker verdreifacht. Sogar am Freitagvormittag, der eigentlich Friseurtag ist, bleibt die Beteiligung groß. Und dass sich alle Teilnehmer am Ende ohne Handabstützen ganz locker von den Stühlen drücken, das hätte vor ein paar Jahren auch noch niemand gedacht.

„Man muss sich nicht im Sessel verkriechen“

„Für Bewegung ist es eigentlich nie zu spät. Manche machen mit über 70 zum ersten Mal Sport“, weiß auch Wolfgang Rohrberg, Geschäftsführer des Essener Sportbund (ESPO). Gerade die Nachfrage nach Sport- und Bewegungsangeboten für die Generation Silversurfer habe enorm zugenommen. „Die ältere Generation konzentriert sich nach dem Ausstieg aus dem Berufsleben oft ganz stark auf Sport und Bewegung“, bringt es Rohrberg auf den Punkt. Ein Grund für die große Lust an der Fitness sei zum einen natürlich die Geselligkeit im Verein, weiß der Vorsitzende. Aber auch das Leistungsprinzip sei nicht außer Acht zu lassen. Da ist die 90-Jährige, die gerade wieder ihr Sportabzeichen gemacht hat. Oder die Übungsleiterin aus Stoppenberg, die den 90. Geburtstag gefeiert hat. Für Rohrberg sind das wichtige Botschafter im Kampf gegen Bewegungsarmut und mangelndes körperliches Selbstvertrauen: „Man muss sich nicht im Sessel verkriechen.“

Das findet auch Klara Harhaus. Mit 86 gehört sie in der Mundus-Residenz zu den regelmäßigen Teilnehmern der Turnstunde, die aus dem Kamin- und Lesezimmer der Seniorenheimes zweimal in der Woche einen Sportraum macht. Trainerin Birte Schmidt bringt zur Übung regelmäßig Bänder, Bälle und jede Menge gute Laune mit. „Jeder kommt gern hierher“, freut sich Harhaus über die lockere Atmosphäre. Statt Leistungsdruck dominiert hier das Prinzip der Selbstmotivation: „Jeder macht das, was er kann“, erklärt Trainerin Birte Schmidt das Prinzip. So finden auch Rekonvaleszenten und langjährige Sportmuffel bald wieder Spaß an Bewegung. „Beim Übungsleiter kommt es darauf an, dass die Wellenlänge stimmt“, weiß auch Wolfgang Rohrberg, der in vielen Sport-Bereichen eine große Kursleiter-Nachfrage sieht, nicht nur im Reha-Bereich. „Viele Ältere wollen ja nicht nur Kniebeugen weiter machen, sondern ihren alten Vereinssport.“ Ob das nun Karate ist oder Fußball.

In der Seniorenresidenz reicht das Angebot von Yoga über Qigong bis zur Wassergymnastik. „Man muss jeden Tag etwas für sich tun“, findet die 85-jährige Ingeborg. Und so mancher Zimmernachbar macht auch noch einen Abstecher ins benachbarte Fitness-Studio. Der Sommer-Körper wird eben auch im Lebensherbst noch lange nicht abgeschrieben.