Essen-Altenessen. . Mitarbeiter von vier Ämtern sowie zwei Züge der Einsatzhundertschaft der Polizei durchsuchten am Mittwochmorgen drei Wohnhäuser in Altenessen.
Mitarbeiter von vier städtische Ämtern sowie zwei Züge der Einsatzhundertschaft der Polizei durchsuchten am Mittwochmorgen drei Wohnhäuser in Altenessen. Sie waren den Behörden aufgefallen, weil in ihnen deutlich mehr Menschen gemeldet sind als Wohnraum vorhanden ist.
Gegen 8 Uhr begann die groß angelegte Überprüfung an der Altenessener Straße 345 (nebenan ist die Stadtbibliothek beheimatet) und am Wildpferdehut 2. „Die Gebäude haben 124 Wohneinheiten, aber 212 Personen sind hier gemeldet. Und viele Türschilder passen nicht zu den vorgefundenen Daten“, erläuterte Stadtsprecherin Silke Lenz. Weitere Auffälligkeit: „Es gibt hier sehr viele Kraftfahrzeug-Zulassungen.“
„Wir sind hier aber nicht, weil es eine Schrottimmobilie ist“, stellte Matthias Blackert, Sicherheitskoordinator der Stadt Essen, klar. In der Tat passt diese Immobilie nicht in die Kategorie „Palmbuschweg/Rahmstraße“, denn anders als dort stapelt sich hier kein Müll im Hinterhof, sind Parkplätze und Gründanlagen sauber und gepflegt.
Möglichst weit weg
Doch innen scheint es anders auszusehen, wenn man z. B. Renate Hartmann glauben darf. Die 62-Jährige wohnt seit vier Jahren an der Altenessener Straße 345 und stöhnt: „Ich wusste nicht, dass es so schlimm war.“ Jetzt hat die „deutsche Zigeunerin“, wie sie selbst sagt, nur einen Wunsch: eine neue Wohnung, möglichst weit weg von Altenessen. „Gut, dass sie hier kontrolliert haben. Hier sollte die Polizei jede Woche durchgehen“, sagt sie. „Jede fünf Minuten wird hier eingebrochen.“ 460 Euro zahle sie für ihr kleines 26-Quadratmeter-Zimmer.
Die beiden Häuser mit den riesigen Klingelbrettern sind der Polizei tatsächlich bekannt. Das sagen die Beamten unter der Hand, das weiß aber auch der Rentner, der sich den Weg durch die Uniformierten bahnt: „Hier war die Polizei schon öfters. Die Altenessener Straße ist hier ein ganz heißes Pflaster, abends wird man angepöbelt, woanders wird einem auf den Kopf gespuckt.“
Zwangsversteigerung
Demnächst sollen zwei der Eigentumswohnungen auch wieder ihre Besitzer wechseln. Am Amtsgericht stehen zwei Zwei-Zimmer-Wohnungen mit Stellplatz für gut 40.000 Euro zur Zwangsversteigerung an.
Gegen 11 Uhr ist der Einsatz vorbei, die Mitarbeiter von Ordnungs- und Jugendamt, Ausländerbehörde und Jobcenter fahren, begleitet von der Polizei, weiter zur Bäuminghausstraße. In diesem ausgesprochen durchschnittlich wirkenden Wohnhaus mit den 13 Klingeln sind 70 Personen gemeldet, die hier aber nicht wohnen sollen.
Die Beamten treffen nur wenige Bewohner an, aber dass sie kurz vor Mittag einige Kinder wecken, macht sie doch betroffen. „Die müssten längst in der Schule sein“, wundert sich ein Polizist und gibt den Fall an die Mitarbeiter des Jugendamtes weiter.
Auch hier beobachten Anwohner die Szenerie. „Ich bin vor 38 Jahren hierhin gezogen und wundere mich nur, dass jetzt endlich die Stadt, die Polizei und die Zeitung aufmerksam werden. Es gab hier noch nie so viel Theater wie in den letzten zwei, drei Jahren“, sagt der 77-Jährige, der seinen Namen nicht nennen möchte.
Eine Bilanz der Razzia legte die Stadt bis zum Abend nicht vor.