Essen. . Essens OB erwägt mehr Abschiebungen von kriminellen libanesisch-kurdischen Gewalttätern. Polizei beklagt zunehmende Respektlosigkeit und Aggressivität.

  • OB erwägt mehr Abschiebungen von kriminellen libanesich-kurdischen Gewalttätern
  • Polizei beklagt zunehmende Respektlosigkeit und Aggressivität
  • Experte: Duldungsstatus ist keine Rechtfertigung für Kriminalität

Tatort Essener Innenstadt: Am helllichten Tag mitten in der Shoppingmeile gehen drei Männer an einem Samstag im April aufeinander los: zuerst mit Worten und Fäusten, dann mit Messern. Mit Stichverletzungen am Hals bricht der Älteste blutüberströmt zusammen. Eine Tat, die nur wenige Stunden später eine noch brutalere Blutrache nach sich zieht. Schauplatz ist jetzt, kurz vor Mitternacht, der belebte Orient-Grill „Arabesk“ am Rande der City. Als Mo K. (21) das Lokal verlässt, feuert ihm ein 46-Jähriger fünf Pistolenkugeln in Brust, Beine und Genitalien.

Seelenruhig, berichten Zeugen, sei der mutmaßliche Schütze daraufhin in seine Wohnung zurückgekehrt und habe sich – mit der Tatwaffe vor dem Fernseher sitzend – widerstandslos von der Polizei festnehmen lassen. „Das Opfer wird weiterhin intensivmedizinisch behandelt, sein Zustand ist stabil“, sagt Polizeisprecher Ulrich Faßbender am Mittwoch.

Essen gilt als Hochburg der "Mhallami"

Es ist ein erschütternder Kriminalfall, der in Essen längst zum Politikum geworden ist. Denn bei allen sieben, miteinander verwandten Tatbeteiligten handelt es sich um Angehörige eines libanesisch-kurdischen Großclans, einen von Dutzenden in der Stadt. Neben Berlin und Bremen gilt Essen als Hochburg der so genannten „Mhallami“, einer Ethnie, die ihre Wurzeln in Südost-Anatolien hat und in zwei Wellen zuerst in den Libanon und in den 80er-Jahren nach Deutschland flüchtete.

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Allein in Essen leben bald 6000 Angehörige dieses Volkes, viele nur geduldet, ohne sichere Aufenthaltserlaubnis. Während die einen ein anständiges Leben führen und sich zu integrieren suchen, haben die anderen ein hochkriminelles Netzwerk geschaffen. Sie leben von Drogenhandel und Prostitution, Hehlerei und Raubüberfällen, von Autoschieberei und Menschenhandel, von Schutzgelderpressung und Sozialhilfe-Betrug.

Diese Problem-Ballung ist nicht neu, aber nach den jüngsten Gewaltexzessen hat Essens Oberbürgermeister Thomas Kufen (CDU) die Daumenschrauben angezogen. „Wir werden Grenzen setzen für die, die nicht Teil unserer Gesellschaft sein wollen“, erklärte der OB. Heißt: Essen will kriminelle Libanesen künftig abschieben.

Zunehmende Gewalt gegen Polizisten

Zusätzlich zu den clan-internen Fehden beobachtet die Essener Polizeiführung in jüngster Zeit ein neues Phänomen: die zunehmende Gewalt gegen Polizisten. „Neulich sind Einsatzkräfte mit Böllern beschossen worden, unverhohlene Drohungen und massive Einschüchterungsversuche gegen einzelne Beamte haben spürbar zugenommen“, sagt Polizeisprecher Faßbender. Seine Sorge: Wachsende Aggressivität und Respektlosigkeit durch die Clans könnten den Rechtsstaat aushöhlen. Auch der Berliner Publizist Ralph Ghadban, ein aus dem Libanon stammender Islamwissenschaftler, warnt vor dieser zersetzenden Staats-Verachtung. Er rät: „Der Staat und seine Organe müssen Härte zeigen und massiv einschreiten.“

Erschwert wird solch eine robuste Strategie durch die islamische Paralleljustiz, mit der die Clans auch in Essen versuchen, das deutsche Rechtssystem auszuhebeln. In seinem Buch „Richter ohne Gesetz“ (Econ, 2011) legt der Fernsehjournalist Joachim Wagner offen, wie muslimische Friedensrichter dafür sorgen, dass Messerstecher und Mörder mit milden Urteilen oder straflos davonkommen.

Nach dem jüngsten Gewaltexzess, der offenbar in einem schon seit 17 Jahren erbittert geführten Familienstreit wurzelt, herrsche nun eine Art Burgfrieden, versichern Insider. Trotzdem bleiben die Behörden in Alarmstimmung, sie befürchten blutige Racheakte.

Essen fährt eine Dreifach-Strategiegegenüber den Clans

Ein Patentrezept für die Befriedung der abgeschottet lebenden Libanesen-Clans gibt es nicht. Essen probiert es seit 2008 mit der Doppelstrategie „Chancen bieten, Grenzen setzen“. Ein Angebot, das OB Kufen jetzt erneuert hat. Denjenigen, „die nicht straffällig geworden sind und eine gute Perspektive auf Integration in unserer Stadt haben“, solle eine Bleibeperspektive gegeben werden.

Kriminelle Groß-Clans bekämpfen, die archaische Paralleljustiz zerstören und gleichzeitig die Integration der Besonnenen fördern – für diese Dreifach-Strategie erfährt Essen viel Lob von außerhalb. Auch Thomas Rüth vom Aktionsbündnis „Sicheres Altenessen“ wirbt für mehr Integration. Aber er sagt auch: „Nur geduldet zu sein, ist sicherlich integrationshemmend, aber das ist keine Rechtfertigung für Kriminalität.“