Essen. Streng bewacht wurden im Müllheizkraftwerk in Essen-Karnap jetzt 60 Kilogramm Kokain verbrannt. Auf dem Straßenmarkt wären die Drogen Millionen wert.

  • 60 kg Kokain in Essener Müllheizkraftwerk verbrannt
  • Straßenmarktwert auf mehrere Millionen Euro geschätzt
  • Zoll veröffentlicht Video der Aktion

Wo sonst im großen Stil Abfälle verbrannt werden, wurde nun ein so kleiner wie spektakulärer Auftrag abgewickelt: Zwei Kartons voll mit Kokain haben die Mitarbeiter des Müllheizkraftwerks in Karnap jetzt verbrannt – bei fast 1000 Grad Celsius und unter strengen Sicherheitsvorkehrungen.

Gebracht wurde die 60 Kilogramm schwere Lieferung vom Zollfahndungsamt Essen (zum Video). Dessen Ermittler haben die Drogen vor einigen Wochen auf dem Weg zu einem Discounter sichergestellt, verpackt in Bananenkisten. Nach Ende der Gerichtsverhandlung sollten sie nun vernichtet werden, „komplett und rückstandsfrei“ wie Ruth Haliti vom Zollfahndungsamt erklärt. Bei 950 Grad sei eine „vollständige Verdampfung im Feuerraum“ gewährleistet.

Im Auto ohne Uniform

Freilich musste auch sichergestellt werden, dass vor der Verbrennung kein Krümel des Stoffes abhanden kam: „Ein Kilo Kokain hat einen Straßenverkaufspreis von etwa 70.000 Euro – macht bei 60 Kilo rund vier Millionen“, sagt Haliti. Und es habe sich um hochreinen Stoff gehandelt: „Den hätte man noch auf die vierfache Menge strecken können.“ 16 Millionen Euro!

„Bei einem solchen Auftrag werden schon Mafia-Fantasien wach“, sagt Stephanie Möller, Pressesprecherin der für das Müllheizkraftwerk zuständigen RWE Power AG. Der Termin der Aktion sei daher höchstvertraulich behandelt, der Kreis der eingeweihten Mitarbeiter extrem überschaubar gewesen. Normalerweise werde der Müll auf Lkw in die Anlage gebracht und mit riesigen Kränen in die Müllschächte geworfen. Rein technisch hätte man 60 Kilo Pulver mühelos zu einer der Ladungen kippen können – doch wer wolle schon ein solches Restrisiko eingehen.

„Zwei unserer Mitarbeiter haben die Kisten im Auto nach Karnap gebracht“, sagt Ruth Haliti. Begleitet und bewacht von weiteren Beamten, deren Zahl man nicht benennen wolle. Dass das Team in Zivil unterwegs war, habe übrigens nichts mit Geheimhaltung zu tun: „Wir sind die Kripo des Zolls, wir tragen keine Uniform.“

Zigaretten werden verbrannt, Luxuswagen verkauft

In Karnap arbeiteten Zoll und Müllheizkraftwerk dann Hand in Hand: Ein Ermittler gab die Kokain-Päckchen an, ein Mitarbeiter warf sie in die Verbrennungsanlage. Und weil alles per Video lückenlos dokumentiert wurde, kann man sich die Drogenbekämpfung nun auch ansehen. Eine aufwändige Aktion also, die für RWE finanziell wenig bringt: Als ausgelastet gilt die Karnaper Anlage mit 80 Tonnen Müll pro Stunde. Das bisschen Kokain falle da nicht ins Gewicht, so Stephanie Möller: „Das ist eher ein Freundschaftsdienst.“

2350 Kilo Drogen haben die Essener Zollfahnder 2015 sichergestellt und an wechselnden Orten verbrennen lassen. Aus Sicherheitsgründen gebe es hier wie bei Lagerräumen und Asservatenkammern keine Regelmäßigkeiten, erklärt Haliti. Der Zoll lässt übrigens auch unversteuerte Zigaretten, Kaffee oder illegale Arzneimittel vernichten. „Sichergestellte Luxuswagen werden dagegen nicht zerstört, sondern verkauft – über das Geld freut sich die Staatskasse.“