Essen-Kray. Die Bürgerinitiative gegen „Giftschredder“ kämpft gegen die PCB-Belastung in Teilen Krays. Jetzt sollen die neuen Messergebnisse veröffentlicht werden .
Die Bürgerinitiative gegen „Giftschredder“ in Kray kämpft seit fast 20 Jahren für strenge Umweltstandards auf den beiden Betriebsgeländen der Firma Richter oder die Verlagerung des Unternehmens, das Elektroschrott recycelt. Nach Messungen der Umweltbehörden ist es verantwortlich für zum Teil stark erhöhte PCB-Werte in der Luft im Stadtteil. Das bestätigten bereits Untersuchungen von Grünkohl und Fichtennadeln. Jetzt lägen neue Grünkohlproben seit Wochen vor, veröffentlicht wurden sie noch nicht. Betroffene Bürger hätten davon bislang nichts erfahren, lautet die Kritik. Unser Mitarbeiter Markus Grenz sprach mit Dietrich Keil von der Initiative.
Herr Keil, bauen Sie noch Gemüse im Garten an?
Dietrich Keil: „Ich bin kein Hobby-Gärtner und baue sowieso keines an. Wenn ich es aber täte, sollte ich es laut Empfehlung des Essener Umweltamtes nicht verzehren.“
Führen Sie doch einmal kurz unsere Leser ins Thema ein.
Keil: PCB gehört zu den zwölf verbotenen Ultragiften und ist eine gefährliche Stoffgruppe, die sich im Körper des Menschen anreichert und dort unter anderem für die Entstehung von Krebs verantwortlich gemacht wird. Seit 15 Jahren gilt für die Kleingärten an der Joachimstraße nahe des Richter-Schredders eine Nicht-Verzehr-Empfehlung von verschiedenen Gemüsesorten wegen der PCB-Belastung. Mittlerweile weiß man sicher, dass die Firma Richter die Quelle ist. 2015 weitete die Stadt die Nicht-Verzehr-Empfehlung auf das Gebiet nördlich des Kruckenkamps aus, aber auch auf das Umfeld des großen Schredders Rotthauser Straße an der ,Kleinen Schweiz’. Das betraf noch einmal um die 1000 Haushalte.
Was sind neueste Entwicklungen?
Keil: Wir erwarten neue Grünkohlproben, durch diese wird die Belastung in der Luft festgestellt, von den bereits bekannten Messpunkten. Außerdem hat das Landesumweltamt auf unsere Forderung hin die Messung auf das Gebiet in Richtung Krayer Markt ausgeweitet. Die Ergebnisse sollten zu unserer Bürgerversammlung vorliegen.
Hat man nun die Quellen konkretisiert?
Keil: Richtig. Erst wusste man nur, das Zeug ist in der Luft. Dann hat es lange gedauert, bis der Verursacher amtlich bestätigt wurde. Aber mittlerweile weiß man sogar, dass der Schredderkamin auf dem Betriebsgelände Joachimstraße die Hauptquelle ist. Wir denken, das wird auf dem Gelände Rotthauser Straße nicht anders sein. Deshalb fordern wir eine stete Überwachung der Schredderkamine von Unabhängigen. Derzeit veranlasst die Firma nur alle drei Jahre selbst eine Messung durch einen Auftragnehmer.
Wie sehen die weiteren Forderungen aus?
Keil: Wir kämpfen nicht gegen die Firma und auch nicht gegen Recycling, aber gegen PCB im Stadtteil. Wir wollen, dass die Anlagen still gelegt werden bis klar ist, dass sie uns nicht vergiften. Wir denken, wenn die Betriebsteile eingehaust werden und alle Prozesse in Hallen mit Unterdruck geschehen, kann man dies erreichen. Und wenn nicht, wollen wir, dass die Firma umgesiedelt wird. Denn so ein Betrieb unter freiem Himmel hat in einem Wohngebiet nichts verloren.
Initiative lädt zur Bürgerversammlung ein
Die Bürgerinitiative gegen Giftschredder lädt alle Krayer zur Bürgerversammlung am Dienstag, 19. April, 18.30 Uhr in den Ratssaal im Krayer Rathaus, Kamblickweg, ein. Die Versammlung steht unter dem Thema „Grüne Hauptstadt Essen, aber PCB in Kray“. Die Bürgerinitiative weise nun seit 20 Jahren immer wieder darauf hin, dass die Hauptlast aus den Schredderkaminen komme. Das habe das Landesamt für Umwelt und Natur bestätigt.
Was darf man aus dem Garten eigentlich noch essen in Kray?, Warum wird gemessen und gemessen, aber nichts unternommen?, Warum reichen und greifen die Maßnahmen der Behörden nicht?: Fragen sowie Anregungen der Betroffenen sollen jetzt diskutiert werden.
Was sagen denn die Krayer dazu?
Keil: Richter ist schon ein Thema im Stadtteil. Wir haben jetzt im Umfeld der betroffenen Haushalte Unterschriften gesammelt und auf unsere Online-Petition hingewiesen. Dabei sind fast 1900 Unterzeichner herausgekommen. Das ist schon nicht schlecht. Auch zu unseren Demonstrationen, zuletzt im Oktober 2015, kamen immer viele Menschen. Aber ein Problem mit PCB ist: Man riecht es nicht und schmeckt es nicht und die Folgen erlebt man erst später. In Kray fällt niemand tot um. Dadurch ist das Problem oft nicht in ganzer Tragweite bewusst.
Wie geht’s weiter?
Keil: Wir erwarten mit Spannung die neuen Werte der Messungen, werden weiter Fragen an die Behörden stellen und den Protest weiter führen. Von allein wird die Firma weder umziehen, noch neue Technik einbauen.