Essen. Die Stadt Essen hat nachverhandelt und bleibt dabei: Die Anmietung des Klosters in Schuir für 15 Jahre sei wirtschaftlich. Dennoch sichert man sich Notausstieg durch den Hintereingang.

  • Ausstieg ist möglich, wenn Stadt Nutzung etwa als Altenheim erlaubt
  • Mehrere Vermieter begnügen sich auch mit zehn Jahren Laufzeit
  • Bauausschuss entscheidet am Donnerstag über die Anmietung

Es ist dieser Satz, der Mark Schulten immer noch im Ohr klingt: „Verkaufen Sie uns ihr Grundstück doch“, habe der städtische Mitarbeiter ihm am Telefon zugeraunt: „Dann brauchen Sie von Ihrer Couch nie wieder aufzustehen.“ Schulten blieb hart und behielt sein Ackerland in Haarzopf für sich: Platz für Asylheime und neue Wohnungen, gut und schön – „ich guck lieber auf Grün.“

Das Geschäft machen nun andere, während nicht nur Schulten schwant, dass die Stadt unterm Druck der Flüchtlingskrise bei der Suche nach Flächen und Immobilien keine allzu gute Verhandlungsposition innehat. Winkt man beim Grundstücksankauf allzu leicht mit Geldbündeln? Neigt man bei angemieteten Bauten vorschnell zu langen Vertragslaufzeiten?

563 Plätze im alten Kloster-Komplex in Schuir

Letzteren Verdacht hegte die Politik vor ein paar Wochen beim alten Kloster-Komplex in Schuir, der nach einem Umbau (und wenn das Zeltdorf in Karnap Geschichte ist) mit 563 Plätzen zum größten Asyl der Stadt avanciert. Und zwar auf Jahre hinaus: Bis zum Silvestertag des Jahres 2032 will die Stadt die Immobilie anmieten, zum Preis von rund einer Million Euro pro Jahr für Miete und Nebenkosten. Sich so lange festzulegen, bereitete den Politikern im Bauausschuss arge Bauchschmerzen. Sie stoppten die Anmietung und stellten Fragen: Ob’s nicht kürzer geht? Preiswerter? Vielleicht, indem die Stadt das Kloster kauft?

Zur Wiedervorlage des Deals in der Sitzung des Gremiums an diesem Donnerstag bleibt der Stadt allerdings nichts als ein Achselzucken: Nein, Eigentümer Peter Jänsch mag nicht verkaufen. Und bei einer kürzeren Mietdauer stiege halt der Quadratmeter-Preis spürbar, denn der Bauherr würde seine Umbaukosten auf eine kürzere Mietzeit verteilen.

Im Klosterasyl sei „kein Leerstand zu befürchten“

Unterm Strich sei die Anmietung also „eine gute und wirtschaftliche Alternative“, glaubt die Bauverwaltung. Zumal Jänsch bereit scheint, der Stadt eine Hintertür offenzuhalten: Sollte sich der Bedarf an Flüchtlingsplätzen deutlich verringern, räumt er die Chance zum Ausstieg ein – vorausgesetzt, die Stadt mache eine vergleichbar einträgliche Folgenutzung möglich, etwa als Altenheim.

Die Stadt, sie wär’s zufrieden. Sie glaubt fest daran, dass im Klosterasyl „kein Leerstand zu befürchten ist“, wie es in einer nichtöffentlichen Unterlage heißt, weil bei sinkenden Flüchtlingszahlen ja alte baufällige Unterkünfte aufgegeben werden könnten.

Mietdauer: mal 10, mal 15 Jahre

Eine Begründung, die man dieser Tage allerdings öfters nutzt. Denn auch die ehemalige Kraftwerkschule an der Klinkestraße – Vermieter hier ist ebenfalls Kloster-Eigner Jänsch – hat man sich für 15 Jahre gesichert, um dort bis zu 400 Flüchtlinge unterzubringen.

Andere Objekte waren für zehn Jahre Mietdauer zu haben, etwa ein Bau Am Funkturm in Holsterhausen für 99 Asylbewerber, einer am Limbecker Platz in der Stadtmitte (169 Personen), an der Münchener Straße in Holsterhausen (449 Personen) und an der Cathostraße in Bergeborbeck (126 Personen). Die rechnerisch ermittelte Nettokaltmiete variiert dabei: zwischen 7,20 und 9,55 Euro je Quadratmeter. Das Kloster in Schuir läge mit 8,55 Euro eher im Mittelfeld.

Ob das für Peter Jänsch reicht, um von der Couch nie wieder aufzustehen, muss offenbleiben.

Ackergold – wenn die Stadt Flächen für Unterkünfte kauft

Ob an der Lahnbeckestraße in Leithe, am Spielkampsweg in Haarzopf oder Im Fatloh in Bedingrade – überall hat die Stadt die Grundstücksankäufe zum Bau neuer Asyl-Unterkünfte eingeleitet. Die Preise sind beachtlich: In Haarzopf etwa zahlt die Stadt 70 Euro je Quadratmeter Ackerland.

Im Fatloh in Bedingrade (Eigentümer: Thyssen-Krupp) wurde vereinbart, dass eine Nachzahlung von 35 Euro je Quadratmeter fällig wird, sollte binnen zehn Jahren ein Bebauungsplan-Verfahren eingeleitet oder binnen 20 Jahren verabschiedet worden sein.