Essen. Zuwanderer aus Bulgarien und Rumänien kommen mit großen Hoffnungen nach Essen - ihre Qualifikationen sind allerdings gering. Projekte sollen helfen.
In der Flüchtlingskrise, die vor allem Syrer nach Essen bringt, hat man sie aus dem Blick verloren: Dabei ist die Zahl der Bulgaren und Rumänen, die hier leben, zuletzt deutlich gestiegen. „Die meisten kommen nicht, um es sich hier in der Hängematte bequem zu machen“, betont Integrations-Dezernent Andreas Bomheuer. „Sie wollen sich eine Perspektive aufbauen.“ Weil das aber meist mit enormen Schwierigkeiten verbunden ist, freut er sich, dass ein zunächst auf zwei Jahre angelegtes Eingliederungs-Projekt fortgesetzt wird.
Bevor Migranten in Arbeit (MiA) an den Start ging, lebten in Essen 2600 Bulgaren und Rumänen. Die Zahl stammt vom September 2013, seit 2014 genießen die Einwohner beider EU-Staaten volle Freizügigkeit innerhalb der Europäischen Union – und nutzen sie: Heute leben bei uns mehr als 6000 Bulgaren und Rumänen. Allein 2015 zog es 1200 rumänische Staatsbürger in die Stadt. Und sie mögen viel guten Willen mitbringen, „an erkennbaren Qualifikationen und Sprachkenntnissen fehlt es ihnen“, sagt auch Bomheuer. „Etliche sind Analphabeten.“ Das MiA-Projekt sei dennoch ein Erfolg, von dessen Fortsetzung er sich viel erhoffe.
Grundbedürfnisse gehen vor Integration und Jobsuche
Wie der Erfolg bei der Ausgangslage aussieht, beschreibt Michael Stelzner, Geschäftsführer der Neuen Arbeit, die MiA in Essen mit Leben füllt. Bevor es um Integration und Jobsuche gehen könne, müsse man sich um Grundbedürfnisse wie die Unterkunft kümmern. „Wir haben etwa 600 Menschen beraten, von denen einige wöchentlich zu uns kommen.“ Bis Ende 2015 vermittelte man 17 in sozialversicherungspflichtige Jobs, und zwei fanden eine geringfügige Beschäftigung. Im laufenden Jahr kamen weitere Vermittlungserfolge hinzu.
Außerdem wurde MiA inzwischen um zwei Projekte ergänzt, die schon vor der großen Aufgabe der Integration ansetzen: Bei „MiO“ geht es um eine erste Orientierung; da begleiten Lotsen die Zuwanderer zu Ämtern und Ärzten, helfen ihnen, sich in ihrem Lebensumfeld zurecht zu finden.
27 Prozent der Wohnungslosen haben keinen deutschen Pass
Und im Projekt „Wohnungslose unterstützen, beraten und begleiten“ (Wubb) kümmern sich Caritas und Diakoniewerk gemeinsam um jene, die keine Bleibe finden, in Schrottimmobilien nächtigen oder die sich auf den Abluftschächten am Hauptbahnhof ein warmes Lager suchen. Mehr als 1600 Wohnungslose leben in Essen, sagt Petra Fuhrmann vom Diakoniewerk – mit sechs Mitarbeitern hat sie sie bisher betreut. „Aufsuchende Sozialarbeit war da nicht möglich.“ Die Menschen mussten selbst in die Anlaufstelle kommen. Eine besondere Hürde für jene 27 Prozent der Wohnungslosen, die keinen deutschen Pass haben. Durch das Projekt Wubb könne man sich nun besser um sie kümmern.
Angesichts eines höchst angespannten Wohnungsmarktes, auf den auch Flüchtlinge und arme Essener drängen, steht man dennoch vor einer Mammutaufgabe.
Drei Projekte, ein Ziel: Starthilfe für Zuwanderer aus Südosteuropa
Seit 2014 gilt für Zuwanderer aus Bulgarien und Rumänien die volle Freizügigkeit in der EU. Im September 2013 lebten in Essen 1100 Bulgaren und 1500 Rumänen. Nun leben bei uns 2000 Bulgaren und über 4000 Rumänen.
Das 2014 gestartete Projekt Migranten in Arbeit (MiA) sollte Zuwanderern aus Südosteuropa bei Jobsuche und Integration helfen. MiA lief zunächst bis Ende 2015 und wird nun fortgesetzt – ergänzt um das Projekt Migranten in Orientierung (MiO), das die Zuwanderer zunächst an die Regelsysteme heranführen soll. Beide Projekte werden von der Neuen Arbeit der Diakonie getragen.
Neu ist auch das Projekt „Wohnungslose unterstützen, beraten und begleiten“ (Wubb) das jenen helfen soll, die wohnungslos sind. Es wird von Caritas und Diakoniewerk getragen. Das Kommunale Integrationszentrum koordiniert die drei Projekte; das NRW-Arbeitsministerium und der Europäische Sozialfonds fördern sie.