Essen. Seit Jahresbeginn ziehen vermehrt Bulgaren und Rumänen nach Essen. Ihr Arbeitswille ist groß, doch ihre Qualifikationen sind oft gering. Nun soll ein neues Projekt mit dem Titel „Migrant/inn/en in Arbeit“ ihnen bei Jobsuche, Spracherwerb und Integration helfen.

Das Projekt hat einen niedlichen Namen und einen ernsten Hintergrund: MiA steht für „Migrant/inn/en in Arbeit“ und wendet sich an Zuwanderer aus Südosteuropa; namentlich aus den EU-Staaten Bulgarien und Rumänien. Sie genießen seit Anfang 2014 volle Freizügigkeit und ziehen verstärkt nach Deutschland. Und bekannten Vorurteilen zum Trotz, sagt Integrationsdezernent Andreas Bomheuer: „Die meisten kommen, um Arbeit zu finden – nicht um Almosen zu suchen.“

MiA soll helfen, dass das auch gelingt: Denn so groß der Arbeitswille der südosteuropäischen Migranten sein mag, so gering ist oft ihre (Aus-)bildung. Die Zahl der in Essen lebenden Bulgaren ist zwischen September 2013 und Juni von 1100 auf 1450 gestiegen, die der Rumänen von 1500 auf 2350 Rumänen. „Vor der Freizügigkeit kamen vor allem solche mit hoher beruflicher Qualifikation, etwa im Pflege- und Gesundheitsbereich, jetzt kommen Menschen mit fehlenden Sprachkenntnissen, mangelnder Berufsausbildung, einige sind Analphabeten“, sagt Bomheuer.

Hilfe bei Behördengängen

MiA-Mitarbeiterin Yasemin Akinci aber erlebt die alleinerziehende Bulgarin, die als Prostituierte gearbeitet und nie eine Schule besucht hat nicht als hoffnungslosen Fall, sondern als „intelligent, zielstrebig, hilfsbereit und strukturiert“. Sie hilft ihr bei Behördengängen, übersetzt Briefe und formuliert mit ihr Bewerbungen. Die Beratung, die Akinci und ihre Kollegen im Haus der evangelischen Kirche in der Innenstadt anbieten, zielt immer auf den ganzen Menschen, sein Umfeld und seine Familie, reicht von der Vermittlung eines Sprachkurses bis zur Suche nach einem Kita-Platz.

Der Ansatz fußt auf der einleuchtenden Erkenntnis, dass es schwer ist, sich aufs Deutsch lernen zu konzentrieren, wenn die Kinder nicht betreut sind und man in einer beengten Bude haust. Denn Schrottimmobilien, die von abgezockten Vermietern an Migranten vermietet werden, gibt es auch in Essen. Nicht so konzentriert wie die berüchtigten „Problemhäuser“ von Duisburg, sondern verteilt über viele Stadtteile. „Da gibt es dann weder Türen noch Fenster, Stromleitungen liegen offen, das Wasser ist abgestellt“, sagt Ordnungsdezernent Christian Kromberg. Oft sei das Ordnungsrecht nicht schlagkräftig genug, „während die Mieter eigentlich starke Rechte haben, gegen solche Vermieter vorzugehen“.

Sprache ist der Schlüssel

Dass Sprache der Schlüssel ist, lernen die Zuwanderer rasch: Die ersten beiden Deutschkurse waren im Handumdrehen belegt. Übersetzt werden müssen aber auch Sitten, Gebräuche, Gepflogenheiten; und dabei sollen mehrsprachige Integrations-Lotsen helfen, die das Vertrauen der Zuwanderer, der Verwaltung und auch der Nachbarschaft genießen, wie Helmuth Schweitzer, Leiter des kommunalen Integrationszentrums, betont. Leider habe die Vergabe der Fördermittel verhindert, diese Stellen früher einzurichten. Dabei gebe es vor allem gegen die Sinti und Roma unter den Zuwanderern große Vorbehalte – wie hilfreich hier Vermittler seien, habe man in Nachbarstädten erlebt.