Essen. Großer Moment für den Kinderchor des Essener Sing-Netz: Beim Gastspiel von „Jesus Christ Superstar“ begleiten sie die Stars beim Auftritt im Colosseum.

28 aufgeregte Kinder zu bändigen, ist eine echte Herausforderung, doch Choreographin Lizzie lässt sich durch nichts aus der Ruhe bringen. Geduldig übt sie mit den Jungen und Mädchen die Szenen ein, die spätestens in fünf Stunden, bei der Premiere des Musicals Jesus Christ Superstar, sitzen müssen: Der Größe nach in einer Reihe aufstellen, auf die Bühne kommen, singen, zum Rhythmus synchron bewegen und vor allen Dingen: „Dabei immer lächeln“, ruft sie den Kindern zu.

Die jungen Darsteller sind allesamt Essener Schulkinder, und das sie bei einer so prominenten Aufführung im Colosseum dabei sein dürfen, ist natürlich etwas ganz Besonderes. „Wir singen nicht nur, wir tanzen auch“, erzählt die achtjährige Charlotte, „und sind auf der Bühne direkt neben den Stars.“ Die Grundschülerin gehört zum Essener SingNetz, einer seit 2006 bestehenden Kooperation der Folkwang Musikschule mit 15 Grundschulen der Essener Innenstadt. Gemeinsam mit der Kinder- und Jugendkantorei der Auferstehungskirche bildet das Sing-Netz sechs Tage lang den Kinderchor für das weltberühmte Musical von Andrew Lloyd Webber und Tim Rice.

Natürlich auf Englisch

Zwei Songs, „Hosanna“ und „Superstar“ haben die jungen Stimmen unter der Leitung von Ulrike Tervoort einstudiert, die auch die Auswahl vornahm. „Ich habe vor allem Kinder dabei, die sonst den Weg nicht hierhin finden würden, die also aus eher kulturfernen Familien kommen“, sagt sie. Darunter das kleine afghanische Flüchtlingsmädchen Kirtil, das viel musikalisches Talent mitbringt und deswegen besonders gefördert wird. Die zarte Neunjährige ist ganz konzentriert bei der Sache. Von „Jesus Christ Superstar“ hat sie im Leben noch nie etwas gehört, aber die Musik „fühlt sich gut an und klingt toll“.

Seit Februar wird fleißig geprobt, natürlich auf Englisch, der Originalsprache des Musicals. „Ist doch kein Problem“, ruft Prosper (8), „wir lernen doch Englisch in der Schule.“ Ob er weiß, was er singt? „Wir kennen alle die Geschichte des Musicals“, antwortet die selbstbewusste Charlotte für ihn und stimmt spontan „Superstar“ an – und 27 glockenhelle Stimmen folgen ihr.

„Ich bin sehr erstaunt und überrascht, wie viel die Kinder bereit sind zu geben“, sagt Ulrike Tervoort, „und wie viel wir von ihnen fordern können.“ Dass sie mindestens genauso aufgeregt ist wie die jungen Künstler, wundert nicht: Schließlich hat man nicht alle Tage die Chance, auf einer großen Bühne neben bekannten Musicalstars zu stehen. Nur der zehnjährige Niklas gibt sich cool. Bei Youtube hat er sich mehrfach das gesamte Musical angesehen, kennt die Szenen und Songs in- und auswendig. „Ich bin gut vorbereitet“, sagt der Fünftklässler, „das wird der Knaller. Ich freue mich schon auf den Applaus.“