Essen. Schauspieler Jan Josef Liefers und Band lassen in Essen „Die freie Stimme der Schlaflosigkeit“ erklingen. Manche ermuntert er sogar zum Tanzen.

  • Schauspieler und Musiker Jan Josef Liefers vor 1000 Fans in der Lichtburg
  • Band „Radio Doria“ spielt deutsche Pop-Songs und Rock
  • Publikum wird in die Show miteinbezogen

Dass Jan Josef Liefers ein Mann mit vielen Gesichtern ist, haben wir schon registriert. Mit Tiermaske aber hat man den Schauspieler bislang selten gesehen. Auch die Musiker seiner Band „Radio Doria“ tragen an diesem Abend erst mal Hasenzähne und spitze Wolfsohren. Und für einen Moment ist die Lichtburg nicht nur Kino und Konzertsaal, sondern auch ein stimmungsvoller Zauberwald. Ein Baum wiegt seine Zweige im Wind, Grillen zirpen, Lampions leuchten. Gleich könnte Shakespeares Sommernachtstraum beginnen. Aber dann legen die Musiker die Maske ab und sind doch die Band „Radio Doria“ und Schauspieler Jan Josef Liefers. Als Tatort-Pathologe Prof. Boerne seziert er Leichen, im Konzert legt er lauter tiefe Gefühle bloß.

Liefers macht das auf Deutsch, was im Musikgeschäft derzeit kein Manko ist. Es gibt ohne Frage stärkere Vertreter auf der großen Deutsch-Pop-Bühne, aber Liefers gehört auch nicht zu dem Typus, der allein dank seiner Fernseh-Popularität die Säle füllt. Musik macht er schließlich schon seit Jahren, anfangs mit Sounds aus der ehemaligen DDR. Inzwischen ist das Repertoire irgendwo zwischen wohliger Pop-Ballade und solidem Gitarren-Rock angesiedelt, hier und da mit einem knackigen Schlagzeug-Solo verziert oder durch ein Akustik-Set bereichert.

Mit den Wölfen heulen

Sein neues Album heißt „Die freie Stimme der Schlaflosigkeit“. Seine Fans hält er an diesem Abend auch dank ausführlicher Plaudereien über mütterliche Andenkenkästen und die persönlichen Eindrücke von der Lage im syrischen Aleppo mehr als zwei Stunden munter.

Was Text und Musik dabei manchmal an Originalität und Facettenreichtum vermissen lassen, macht Liefers durch seine große Bühnenpräsenz wett. Angst vor Publikumsnähe hat der Mann mit dem kecken Hut kein bisschen. Ganz im Gegenteil. Er verlässt gern mal die große Bühne, setzt sich mit dem Banjo auf die Treppe, wagt ein Tänzchen zwischen den Kinostuhlreihen, holt eine junge, hübsche Julia aus dem Publikum und geleitet sie später wieder galant zurück zur Mama. Er schubst riesige Luftballons in den großen Kinosaal und feiert mit seinen über 1000 begeisterten Fans einen ausgelassenen „Kindergeburtstag“.

„Verlorene Kinder“ ist ein Song, der das Publikum endgültig von den Stühlen holt. Bis dahin hat er „Gute Nachrichten“ gesucht, die ihm auf der Weltbühne heute oft fehlen, hat ganz „Unbeschreiblich“ von den denkwürdigen Momenten eines vierfachen Vaters erzählt. Und natürlich das „Mondlied“ gesungen, das eigentlich ein Liebeslied werden sollte, am Ende aber doch kritische Untertöne bekam. Manchmal kann man halt nur mit den Wölfen heulen, auch wenn sie in Wahrheit nur Masken tragen.