Essen. . Bis zum 29. Februar lösten die vier neuen Messgeräte bei 35.166 Tempoverstößen aus – und 4300-mal fälschlicherweise. Ein Autofahrer wurde in der Buderuskurve mit 192 km/h geblitzt.

  • Auswertung des Essener Ordnungsamtes: Fast 10.000 Blitzer-Fotos unbrauchbar
  • Nicht mitgezählt wurden 4300 Fotos, die bei der "Blitzer-Panne" Ende Februar aufgenommen wurden
  • Negativ-Rekord: 192 km/h. Schnellster Temposünder in Gegenrichtung war 177 km/h schnell

Exakt 35.166-mal sind Auto- und Motorradfahrer zwischen Ende November und Ende Februar schneller als erlaubt in der Buderuskurve unterwegs gewesen. Diese Zahl steht zumindest bei einer Auswertung des Essener Ordnungsamtes unterm Strich: 35.166 Blitzer-Fotos habe die neue Hightech-Anlage im Knick der A40 im Essener Osten binnen drei Monaten aufgenommen, nachdem die vier „Traffistars“ dort am 30. November 2015 scharf geschaltet wurden. Bußgeldbescheide verschickte das Ordnungsamt in diesen drei Monaten jedoch „nur“ 25.461.

Blitzer-Panne: 4300 Fotos gar nicht mitgezählt

Denn etwa 9700 Fotos, so erklärt Stadtsprecherin Jeanette von Lanken, seien „nicht gerichtsfest beziehungsweise nicht gerichtsverwertbar gewesen“. In diesen Fällen seien die „Fahrer nicht eindeutig identifizierbar“ oder die Kennzeichen der geblitzten Fahrzeuge nicht erkennbar: „Das kann je nach Wetterlage passieren, zum Beispiel bei Starkregen.“ Die „non-invasive Robot Laserscanner-Technologie“, wie sie Hersteller Jenoptik bewirbt, sei jedoch trotz der vielen unbrauchbaren Fotos keineswegs ineffizienter als die alten Radargeräte, gibt von Lanken die Einschätzung der städtischen Ordnungshüter wieder.

Gar nicht mitgezählt hat das Amt bei seiner Auswertung rund 4300 Aufnahmen vom 27. und 28. Februar: Nach einem „Kommunikationsfehler“ zwischen Stadt und Straßen NRW waren nach Abschluss der Bauarbeiten Richtung Duisburg alle Autofahrer geblitzt worden, die mehr als 80 Sachen drauf hatten – obwohl Straßen NRW auf den elektronischen Anzeigetafeln die erlaubte Höchstgeschwindigkeit 100 aufleuchten ließ (wir berichteten). Jeanette von Lanken versichert: Für Fahrer, die in der Kurve nicht über 100 km/h schnell waren, bestehe „kein Grund zur Beunruhigung. Der Zeitraum, in dem die Blitzer fälschlich ausgelöst haben, kann vom Ordnungsamt genau nachvollzogen werden. Die daraus resultierenden Bußgelder wurden storniert.“

Raser auf der A40 war 92 km/h zu schnell

Die Stadtverwaltung hat 260.000 Euro in die Anlage investiert. Den kontrollierten Abschnitt passieren im Schnitt 130.000 Fahrzeuge täglich. 2013, als noch vier der alten Starenkästen in der Buderuskurve ganzjährig angeschaltet waren, überführten diese 66.000 Temposünder. Dieses Blitzlichtgewitter spülte 614.000 Euro in die Stadtkasse. Wie viel Geld die 25.461 Bußgeldbescheide des ersten Vierteljahres nun ins Stadtsäckel spülen, hat das Ordnungsamt noch nicht ausgerechnet.

Die städtischen Ausgaben dürften sich aber bereits nach wenigen Monaten ausgezahlt haben. Für Tempoverstöße bis zu zehn km/h sind zehn Euro fällig, bei Geschwindigkeitsüberschreitungen über 70 km/h 600 Euro (Bußgeldkatalog: Seite 3).

Denn selbst solch extreme Raserei gibt es an der vielleicht bekanntesten Gefahrenstelle der A40 noch: In Fahrtrichtung Bochum wurde bei einer erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 100 Stundenkilometern ein Fahrer mit 192 km/h gemessen. Der Negativ-Rekord Richtung Duisburg: 177 km/h.

Das sind die Unfallzahlen aus der Buderuskurve (A40) in Essen 

Mit welchen Unfallzahlen rechtfertigen die Behörden die Geschwindigkeitsüberwachung in der Buderuskurve? Immer wieder haben uns das vor allem die Leser gefragt, die dort auf der A 40 in Kray keine Gefahrenstelle sehen.

Unfallkommission will vor allem Schwerverletzte verhindern

Die Bezirksregierung Düsseldorf erklärt die Fortsetzung der Kontrolle damit, dass der Straßenverlauf nicht entschärft werden kann. Die „Autobahn-Unfallkommission“ mit Vertretern von Bezirksregierung, Autobahnpolizei und Straßen NRW hat der Stadt zuletzt im August 2014 empfohlen, die stationäre Geschwindigkeitsüberwachung fortzusetzen.

Die erste Empfehlung gab die Kommission nach ihrer Sitzung im März 2000, erklärt das aktuelle Mitglied Wolfgang Netzer (Bezirksregierung): „Hintergrund war die Anzahl der Alleinunfälle mit schweren Personen- beziehungsweise Sachschäden. Zu verkehrsschwachen Zeiten verloren hier Verkehrsteilnehmer ohne Fremdeinwirkung aufgrund zu hoher Geschwindigkeit die Kontrolle über ihr Fahrzeug.“ Nachdem die vier Starenkästen im Oktober 2001 aufgestellt wurden, „ging dieser Unfalltyp merklich zurück“, so Netzer. Er betont, dass Unfallkommissionen nach einem ministerialen Erlass vor allem die Zahl der Unfälle mit schweren Personen- und Sachschäden reduzieren sollen.

Viele Bagatellunfälle in der Buderuskurve

Dass es auch diese 2014 und 2013 noch gab und dass die Zahl der Bagatellunfälle mitunter größer war als vor 2002, lässt Netzer nicht gelten. Ein Vergleich sei „nicht möglich“. Denn vor allem die vielen A 40-Baustellen seit 2000 hätten zahlreiche Bagatell-Unfälle mit geringen Sachschäden zur Folge gehabt. Ältere Unfallzahlen allerdings kann die Polizei „wegen Änderungen bei der statistischen Erfassung“ nicht liefern.

Unfälle in der Buderuskuruskurve der A40 (km 63,500 bis 64,500) Richtung Dortmund

Fahrtrichtung DortmundUGTUSVULVUSSBagatellunfälleSumme
2000 210112144
2001  342734
2002  132024
2003  332127
2004 1322026
2005 2112125
2006   53035
2007   23436
2008 12 3235
2009  123235
2010 1213438
2011  213740
2012  321116
2013   123
2014   1910

Stationäre Geschwindigkeitsüberwachung ab Oktober 2001. Quelle: Autobahnpolizei Düsseldorf, Legende: UGT: Unfall mit Getötetem, USV: Unfall mit Schwerverletztem, ULV: Unfall mit Leichtverletztem, USS: Unfall mit schwerem Sachschaden. Ältere vergleichbare Zahlen liegen laut Autobahnpolizei nicht vor. Im Jahr 2000 sei die Datenerhebung verändert worden.

Unfälle in der Buderuskuruskurve der A40 (km 63,500 bis 64,500) Richtung Duisburg

FR DuisburgUGTUSVULVUSSBagatellunfälleSumme
2000 25131535
2001 13142644
2002 2371426
2003    2424
2004   11213
2005    1818
2006    1212
2007    2222
2008   13435
2009   23537
2010  1 1415
2011    1111
2012  3 2326
2013 12 1417
2014 12 3033

Stationäre Geschwindigkeitsüberwachung ab Oktober 2001. Quelle: Autobahnpolizei Düsseldorf, Legende: UGT: Unfall mit Getötetem, USV: Unfall mit Schwerverletztem, ULV: Unfall mit Leichtverletztem, USS: Unfall mit schwerem Sachschaden. Ältere vergleichbare Zahlen liegen laut Autobahnpolizei nicht vor. Im Jahr 2000 sei die Datenerhebung verändert worden.

Bußgeldkatalog: Ab 121 km/h auf der A40 in Kray ist der Führerschein weg 

Die erlaubte maximale Höchstgeschwindigkeiten in beide Fahrtrichtungen beträgt meist 100 Kilometer pro Stunde. Die Überwachung in beide Fahrtrichtungen erfolgt im 24-Stunden-Betrieb. In beiden Fahrtrichtungen der A 40 weisen Schilder die Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer rechtzeitig auf die Radarkontrollen hin. Temposünder müssen auf der A40 in Essen-Kray nach den Angaben eines Stadtsprechers mit den Bußgeldern, Punkten und Fahrverboten für Geschwindigkeitsüberschreitungen außerhalb geschlossener Ortschaften rechnen:

  • Geschwindigkeitsüberschreitungen bis 10 km/h: 10 Euro
  • Geschwindigkeitsüberschreitungen 11 bis 15 km/h: 20 Euro
  • 16 bis 20 km/h: 30 Euro
  • 21 bis 25 km/h: 70 Euro, 1 Punkt
  • 26 bis 30 km/h: 80 Euro, 1 Punkt
  • 31 bis 40 km/h: 120 Euro, 1 Punkt
  • 41 bis 50 km/h: 160 Euro, 2 Punkte, 1 Monat Fahrverbot
  • 51 bis 60 km/h: 240 Euro, 2 Punkte, 1 Monat Fahrverbot
  • 61 bis 70 km/h: 440 Euro, 2 Punkte, 2 Monate Fahrverbot
  • über 70 km/h: 600 Euro, 2 Punkte. 3 Monate Fahrverbot