Essen. . Martin Puttke, der von 1995 bis 2008 am Aalto das Ballett leitete, wurde jetzt für sein Lebenswerk geehrt. Nach dem Abschied aus Essen ging er nach Petersburg.

  • Martin Puttke polarisierte mit vielen Entscheidungen in seinem Leben die Öffentlichkeit
  • So zog er zum Beispiel als Bundesbürger in die DDR, als es sie noch gab
  • Bei der Auszeichnung im Aalto-Theater wurde er jetzt als „politischer Mensch“ gewürdigt

„Pädagoge von Format, Reformator, ein Vermittler, der an beiden Enden brennt und sein Gegenüber packt“. Christiane Theobald fand rühmende, treffende Worte für Martin Puttke, der Samstag bei der traditionellen Gala im ausverkauften Aalto-Opernhaus den Deutschen Tanzpreis 2016 für sein Lebenswerk in Empfang nahm.

Die Laudatorin vom Staatsballett Berlin, die Puttke aus langjähriger Zusammenarbeit kennt, weiß, dass er nicht nur Freunde hat und die Ballett-Welt polarisierte. Nicht nur wegen seiner unbeirrten Entscheidung, als Westdeutscher in die DDR und in die Sowjetunion zu ziehen. In der DDR machte er sich auch wenig Freunde, als er mit neuen Tanz-Techniken aus den damals verfeindeten USA sozialistische Kultur zu internationaler Anerkennung verhelfen wollte.

Gerührt und strahlend dankte der 72-Jährige, als er den Preis von Jas Otrin (Vorsitzender des Fördervereins Tanzkunst) in Empfang nahm. Auf der Bühne, die er gut kennt.

Essen in die Tanz-Charts katapultiert

Immerhin hat er als Aalto-Ballettdirektor in 13 Jahren Essen in die Tanz-Charts katapultiert und Spuren hinterlassen. 1995 bis 2008 – eine Ära, in der er Top-Tänzer aus Berlin und aufregende Choreographen ins Aalto holte und ein in NRW einzigartiges Programm bot. Breitgefächert, ähnlich, wie das Gala-Programm an diesem Samstag, das sage und schreibe viereinhalb Stunden andauerte und Tanz-Szenen u. a. aus Berlin, Wien und Zürich vereinte.

Auch wortgewandt ist der Strippenzieher Puttke, der nach seinem Essener Abschied noch einmal nach St. Peterburg ging. Sein Credo „Wahrhaftigkeit im Tanz“ ließ er eindrucksvoll dokumentieren durch eine Film-Aufnahme von 1982 von Brittens „Sinfonia da Requiem“: Das Werk wurde von Absolventen ‚seiner’ Ost-Berliner Akademie als „Kinderkreuzzug“ gedeutet und weist beklemmende Parallelen zu heutigen Bildern von Flüchtlingskindern auf. Dass er diesen Beitrag für die Gala wählte, beweist: Puttke ist bis heute ein politischer Mensch.