Essen. Gipfeltreffen in der Galerie Obrist: Kabarettist Dieter Nuhr, der das Reisen mit der Kamera liebt, zeigt tiefe Schluchten und wuchtige Bergpanoramen.

Der Himmel ist oben. Aber wo ist oben, wenn sich dicke Nebelschwaden wie ein Vorhang über das imposante Naturschauspiel gelegt haben? Dieter Nuhr muss schnell noch mal kontrollieren, aufspringen und das Bild umdrehen, bevor die ersten Galerie-Gäste kommen. Inzwischen ist es fast schon eine gute Tradition, das Gastspiel in der Grugahalle mit einer Ausstellungs-Eröffnung in der Galerie Obrist zu flankieren. „Fremdes Terrain“ hat er dort schon im vergangenen Jahr mit seinen großformatigen, strukturverliebten Detail-Bildern aus Äthiopien, Indien und Myanmar betreten. Der Kabarettist als weit gereister Kamera-Künstler. Diesmal schweift Nuhrs fotografischer Blick vor allem in die weite Landschaft: XXL-Bergformationen, wuchtige Schneegipfel, imposante Nebelschwaden-Kulissen mit Caspar David Friedrich-Erhabenheit. Das Gipfeltreffen mit Bildern aus der Schweiz, aus Island und Neuseeland wird flankiert von Luftaufnahmen aus Botswana. Erst vor wenigen Tagen ist Nuhr zurück von einer Reise aus Oman gekommen. Auch so eine große Bilder-Bühne, auf der man die Kamera kaum weglegen kann.

„Bei Landschaften hängt man ja immer in der Romantikfalle“, weiß Nuhr. Aber er sucht nicht das erhabene Bild, das monumentale Motiv, das Ewigkeitsversprechen in Millionen Pixeln. Der populäre Querdenker setzt seine Bilderwelt eher aus den Nebenschauplätzen zusammen, aus den Veränderungen und Verschiebungen unseres Kontinents, wie beispielsweise die mit riesigen Planen verhüllten Gipfel der Schweizer Rhone-Gletscher zeigen. Von Menschen gemachter Schmelzschutz mit einer guten Portion Aberwitz, wie Nuhr findet. Für künstlerischen Aktionismus an der Klima-Front ist einer wie er nicht gemacht: „Ich glaube nicht, dass die Welt so schnell untergeht.“

Geknipste Bilder und richtige

Nuhr sieht sich eher als Flaneur, der sein omnipräsentes Dasein zwischen Fernsehstudio und Mehrzweckhallen regelmäßig für eine Auszeit unterbricht. Dann ist er einfach mal weg. Bali, Finnland Nordkorea. „Das Leben als Reise ist mein Thema“, erklärt der 55-jährige, vielbeschäftigte Humorarbeiter. Und dabei entstehen Bilder. „Geknipste Bilder“, wie Nuhr erklärt. Und Bilder, die es am Ende bis in die Ausstellung schaffen. Welche das sind, weiß Nuhr eigentlich sofort. „Im Oman habe ich bestimmt 800 Fotos gemacht. 20 davon sind vielleicht echte Bilder.“ Gut möglich, dass sie das „Fremde Terrain“ bald an der Kahrstraße erweitern. Die Zahl der Nuhr-Sammler wächst beträchtlich.

Dieter Nuhr, Fremdes Terrain II, bis 23. April. Galerie Obrist, Kahrstraße. 59