Essen. Zum Protest gegen die Pläne der Stadt kamen erheblich weniger Demonstranten, als erwartet. Die Sprecher unterstreichen: „Wir kämpfen für Naturschutz.“

Rund 400 Bürger protestierten am Samstag in der Essener Innenstadt bei anhaltendem Regen lautstark gegen die zu erwartende Bebauung von verschiedenen Grünflächen mit Flüchtlingsheimen. Das waren weitaus weniger als erwartet, dafür waren die Anwesenden umso kämpferischer: „Wird gebaut, so wird geklagt“, so die Botschaft. Ein Bürgbegehren gegen den noch zu treffenden Beschluss des Stadtrates am kommenden Mittwoch gilt als sicher.

Auch interessant

„Wir sind sehr zufrieden, dass trotz des schlechten Wetters so ein langer Protestzug zustande kommt“, kommentierte Mitorganisator Daniel Reinhardt von der Bürgerinitiative Haarzopf/Fulerum, während sich die ersten Protestler nach der Begrüßung auf dem Willy-Brandt-Platz mit Transparenten wie „Essen Betoncity 2017“ oder „Hände weg von Grünflächen“ auf die Rundreise durch die Essener Innenstadt machten. Sechs Bürgerinitiven (BI) von bedrohten – oder auch aus Solidarität nicht mehr von aktuellen Bauplänen betroffenen – Grünflächen hatten ihre Anhänger mobilisiert. Warum es nur so wenig waren? Neben dem Wetter dürfte auch die zentrale Lage Besucher gekostet haben, zu einem Protestmarsch in Haarzopf kamen vor einigen Wochen allein schon über 1000 Menschen.

„Das ist ein Skandal, der stinkt bestialisch.“

Doch die gekommen waren, waren mit ganzer Inbrunst dabei. „Finger weg von Wald und Feld“, skandierten sie laut auf ihrem Marsch durch die Stadt. Frust, Enttäuschung, Ärger und Wut: Das Gefühlsspektrum unter den Bürgern war vielschichtig negativ. Kein Wunder, hatten doch die Teilnehmer just an diesem Morgen aus der Zeitung erfahren, auf welche Flächen sich SPD und CDU am Vortag geeinigt hatten und welche Beschlüsse am kommenden Mittwoch zu erwarten sind. „Die kleinen Flächen sind aufgrund der Vielzahl und damit verbundenen hohen Kosten verworfen worden, und für die größeren in der Natur bietet die Stadt ein Vielfaches des Richtwertes. Das ist ein Skandal, der stinkt bestialisch“, wetterte Mitorganisator Daniel Reinhardt: „Mit den Gebäuden für die Flüchtlinge werden Tatsachen geschaffen, die weiteren Bebauungen Tür und Tor öffnet.“

Davon sind die meisten Teilnehmer fest überzeugt. Längst hat sich bei Vielen eine Anti-Haltung zu den Plänen der Verwaltung entwickelt, die über die Grünfläche vor der eigenen Haustür hinausgeht. Bedrohte Landwirtschaft, der Verlust von Naherholungsflächen oder negative klimatische Folgen für die Gesamtstadt wurden von zahlreichen Protstlern als allgemeines Problem benannt. „Die Freiflächen sind wichtig für alle Essener“, unterstrich Peter Berszat, dessen benachbartes Grundstück am Überruhrer Heuweg längst aus der Diskussion herausgenommen wurde. Gleiches gilt für Silvia Strecker, Sprecherin der BI Fischlaker Mark: „Es geht hier um unsere Lebensgrundlagen. Die zuvor ins Visier genommen Landschaftsschutzgebiete sind nicht außer Gefahr, sondern nur deshalb nicht in der Planung, weil die Eigentümer nicht verkaufen wollten.“

Immer wieder wiederholten verschiedene Sprecher das Credo des Tages: Nicht gegen Flüchtlinge gehe man auf die Straße, die Natur dürfe für niemanden geopfert werden. Bloß nicht in die rechte Ecke wollten sich die Teilnehmer stellen lassen, doch im Protestzug gab es auch andere Ängste, als „nur“ die um die Natur. „Wir sind an unserer Grenze und da sind bei uns alle einer Meinung“, sagte ein Teilnehmer, der nicht aus Reihen einer BI gekommen war und mit der Grenze die der Integrationsfähigkeit meinte.

Kampf ums Grün hat gerade erst begonnen

Dass der Kampf ums Grün gerade erst begonnen hat, das machten viele Protestler deutlich. Wolfgang Hausmann, dessen BI aus Leithe aus dem Verbund der Initiativen ausgeschert war, weil sich die Leither nur für Landschaftsschutzgebiete einsetzen wollen, sprach als Privatmann: „Wir werden mit Bürgerbegehren, Demonstrationen und Gerichtsverfahren die Beschlüsse begleiten. Wer Wind sät, wird Sturm ernten.“