Essen. . 30 Inspektoren der Stadt und ein Großaufgebot der Polizei nahmen am Freitag die „Lawrenz-Häuser“ in Altenessen unter die Lupe. 144 Personen überprüft.

  • Razzia am Freitagmorgen gegen Schrottimmobilien in Altenessen
  • 30 Inspektoren und Großaufgebot der Polizei im Einsatz
  • Nachbar: „Ich bin froh, dass endlich etwas passiert.“

Es ist kurz nach acht, als die Wagen der Einsatzhundertschaft in den Palmbuschweg und in die Rahmstraße einbiegen. Ihr Ziel: die so genannten „Lawrenz-Häuser“ – Schrottimmobilien, die das gesamte Quartier in diesem Altenessener Arbeiterviertel in Verruf bringen. Verzweifelte Anwohner leiden unter den Müllbergen auf den Hinterhöfen und dem Sperrmüll auf den Gehwegen. Sie klagen über Rattenplagen und die steigende Kriminalität. Noch schlimmer: Von den Behörden, der Polizei und der Politik fühlen sie sich längst im Stich gelassen.

Doch an diesem grauen, bitterkalten Freitagmorgen zeigt der Staat Härte – und das mit geballter Kraft. Fast zwanzig Mannschaftswagen der Einsatzhundertschaft sind aufgefahren, es herrscht Belagerungszustand. Allein 30 Inspektoren aus einem halben Dutzend Ressorts hat die Stadt rausgeschickt: Die Wohnungsaufsicht ist da, das Jugend- und Umweltamt, die Bauordnung und das Ordnungsamt. Die meisten tragen blaue Westen, so auch Matthias Blackert. Für den Sicherheitskoordinator hat der Kampf gegen Schrottimmobilien und Miethaie seit anderthalb Jahren oberste Priorität. Die Razzia in Altenessen ist die vierte binnen eines halben Jahres.

Razzia in Problemhäusern in Altenessen

Razzia in Altenessen in den  Häusern Rahmstraße / Palmbuschweg.
Razzia in Altenessen in den Häusern Rahmstraße / Palmbuschweg. © Essen
Razzia in Altenessen in den  Häusern Rahmstraße / Palmbuschweg.
Razzia in Altenessen in den Häusern Rahmstraße / Palmbuschweg. © Essen
Razzia in Altenessen in den  Häusern Rahmstraße / Palmbuschweg.
Razzia in Altenessen in den Häusern Rahmstraße / Palmbuschweg. © Essen
Razzia in Altenessen in den  Häusern Rahmstraße / Palmbuschweg.
Razzia in Altenessen in den Häusern Rahmstraße / Palmbuschweg. © Essen
Razzia in Altenessen in den  Häusern Rahmstraße / Palmbuschweg.
Razzia in Altenessen in den Häusern Rahmstraße / Palmbuschweg. © Essen
Razzia in Altenessen in den  Häusern Rahmstraße / Palmbuschweg.
Razzia in Altenessen in den Häusern Rahmstraße / Palmbuschweg. © Essen
Razzia in Altenessen in den  Häusern Rahmstraße / Palmbuschweg.
Razzia in Altenessen in den Häusern Rahmstraße / Palmbuschweg. © Essen
Razzia in Altenessen in den  Häusern Rahmstraße / Palmbuschweg.
Razzia in Altenessen in den Häusern Rahmstraße / Palmbuschweg. © Essen
Razzia in Altenessen in den  Häusern Rahmstraße / Palmbuschweg.
Razzia in Altenessen in den Häusern Rahmstraße / Palmbuschweg. © Essen
Razzia in Altenessen in den  Häusern Rahmstraße / Palmbuschweg.
Razzia in Altenessen in den Häusern Rahmstraße / Palmbuschweg. © Essen
Razzia in Altenessen in den  Häusern Rahmstraße / Palmbuschweg.
Razzia in Altenessen in den Häusern Rahmstraße / Palmbuschweg. © Essen
Razzia in Altenessen in den  Häusern Rahmstraße / Palmbuschweg.
Razzia in Altenessen in den Häusern Rahmstraße / Palmbuschweg. © Essen
Razzia in Altenessen in den  Häusern Rahmstraße / Palmbuschweg.
Razzia in Altenessen in den Häusern Rahmstraße / Palmbuschweg. © Essen
Razzia in Altenessen in den  Häusern Rahmstraße / Palmbuschweg.
Razzia in Altenessen in den Häusern Rahmstraße / Palmbuschweg. © Essen
Razzia in Altenessen in den  Häusern Rahmstraße / Palmbuschweg.
Razzia in Altenessen in den Häusern Rahmstraße / Palmbuschweg. © Essen
Razzia in Altenessen in den  Häusern Rahmstraße / Palmbuschweg.
Razzia in Altenessen in den Häusern Rahmstraße / Palmbuschweg. © Essen
Razzia in Altenessen in den  Häusern Rahmstraße / Palmbuschweg.
Razzia in Altenessen in den Häusern Rahmstraße / Palmbuschweg. © Essen
Razzia in Altenessen in den  Häusern Rahmstraße / Palmbuschweg.
Razzia in Altenessen in den Häusern Rahmstraße / Palmbuschweg. © Essen
Razzia in Altenessen in den  Häusern Rahmstraße / Palmbuschweg.
Razzia in Altenessen in den Häusern Rahmstraße / Palmbuschweg. © Essen
Razzia in Altenessen in den  Häusern Rahmstraße / Palmbuschweg.
Razzia in Altenessen in den Häusern Rahmstraße / Palmbuschweg. © Essen
Razzia in Altenessen in den  Häusern Rahmstraße / Palmbuschweg.
Razzia in Altenessen in den Häusern Rahmstraße / Palmbuschweg. © Essen
Razzia in Altenessen in den  Häusern Rahmstraße / Palmbuschweg.
Razzia in Altenessen in den Häusern Rahmstraße / Palmbuschweg. © Essen
Razzia in Altenessen in den  Häusern Rahmstraße / Palmbuschweg.
Razzia in Altenessen in den Häusern Rahmstraße / Palmbuschweg. © Essen
Razzia in Altenessen in den  Häusern Rahmstraße / Palmbuschweg.
Razzia in Altenessen in den Häusern Rahmstraße / Palmbuschweg. © Essen
Razzia in Altenessen in den  Häusern Rahmstraße / Palmbuschweg.
Razzia in Altenessen in den Häusern Rahmstraße / Palmbuschweg. © Essen
Razzia in Altenessen in den  Häusern Rahmstraße / Palmbuschweg.
Razzia in Altenessen in den Häusern Rahmstraße / Palmbuschweg. © Essen
Razzia in Altenessen in den  Häusern Rahmstraße / Palmbuschweg.
Razzia in Altenessen in den Häusern Rahmstraße / Palmbuschweg. © Essen
Razzia in Altenessen in den  Häusern Rahmstraße / Palmbuschweg.
Razzia in Altenessen in den Häusern Rahmstraße / Palmbuschweg. © Essen
Razzia in Altenessen in den  Häusern Rahmstraße / Palmbuschweg.
Razzia in Altenessen in den Häusern Rahmstraße / Palmbuschweg. © Essen
Razzia in Altenessen in den  Häusern Rahmstraße / Palmbuschweg.
Razzia in Altenessen in den Häusern Rahmstraße / Palmbuschweg. © Essen
Razzia in Altenessen in den  Häusern Rahmstraße / Palmbuschweg.
Razzia in Altenessen in den Häusern Rahmstraße / Palmbuschweg. © Essen
Razzia in Altenessen in den  Häusern Rahmstraße / Palmbuschweg.
Razzia in Altenessen in den Häusern Rahmstraße / Palmbuschweg. © Essen
Razzia in Altenessen in den  Häusern Rahmstraße / Palmbuschweg.
Razzia in Altenessen in den Häusern Rahmstraße / Palmbuschweg. © Essen
Razzia in Altenessen in den  Häusern Rahmstraße / Palmbuschweg.
Razzia in Altenessen in den Häusern Rahmstraße / Palmbuschweg. © Essen
Razzia in Altenessen in den  Häusern Rahmstraße / Palmbuschweg.
Razzia in Altenessen in den Häusern Rahmstraße / Palmbuschweg. © Essen
Razzia in Altenessen in den  Häusern Rahmstraße / Palmbuschweg.
Razzia in Altenessen in den Häusern Rahmstraße / Palmbuschweg. © Essen
Razzia in Altenessen in den  Häusern Rahmstraße / Palmbuschweg.
Razzia in Altenessen in den Häusern Rahmstraße / Palmbuschweg. © Essen
Razzia in Altenessen in den  Häusern Rahmstraße / Palmbuschweg.
Razzia in Altenessen in den Häusern Rahmstraße / Palmbuschweg. © Essen
Razzia in Altenessen in den  Häusern Rahmstraße / Palmbuschweg.
Razzia in Altenessen in den Häusern Rahmstraße / Palmbuschweg. © Essen
Razzia in Altenessen in den  Häusern Rahmstraße / Palmbuschweg.
Razzia in Altenessen in den Häusern Rahmstraße / Palmbuschweg. © Essen
1/40

Die leidgeprüften Nachbarn der Schrottimmobilien verfolgen den Großeinsatz mit einer Mischung aus Skepsis und Erleichterung. „Ich bin froh, dass endlich etwas passiert“, sagt Frederic Hanisch aus der Rahmstraße 112. Sein Nachbar Tino Häusler traut sich schon lange nicht mehr unbewaffnet aus dem Haus. Er lebt seit August 2014 in der Rahmstraße 118, gegenüber den grünen Lawrenz-Häusern. Kürzlich hat er eine Alarmanlage in seine Wohnung einbauen lassen, in seiner Tasche befinden sich stets Elektroschocker und Pfefferspray. „Wir als Familie rüsten auf“, sagt der Industriekaufmann. Als Segler besitzt er schon lange den Kleinen Waffenschein, genutzt hatte er ihn noch nie. Bis er sich vor einigen Wochen zwei Gaspistolen zulegte, kommende Woche wird er eine „Home Defence“-Flinte kaufen, mit der er abwechselnd Hartgummi- und Pfefferspray-Geschosse abfeuern kann.

Trotzdem ist Häusler kein Waffennarr und auch nicht ausländerfeindlich. „Ich wähle Angela Merkel.“ Doch seit gut einem halben Jahr kippe die Stimmung in der Rahmstraße. „Die“, und damit meint er die Bewohner der Problemhäuser, „die klauen uns alles weg.“ Die dritte Garage hat er bereits angemietet, um sein Auto und die Gartengeräte unterzustellen – 210 Euro pro Monat zahlt er dafür zusätzlich. „Die Beleidigungen und die Kriminalität nehmen seit dem letzten halben Jahr stark zu.“ Immer wieder sei die Polizei da, bis jetzt hat es nichts geholfen. „Es ist absolut richtig, dass hier heute aufgeräumt wird“, sagt Häusler, der dann die Stirn in Falten legt. „Ob sich am Ende etwas ändert, werden wir sehen.“

Überall ist Dreck und Müll

Sebastian Nowak, Besitzer der Rahmstraße 112, will die Schuld nicht nur den Bewohnern der Lawrenz-Häuser zuschieben, die hier abgeschottet leben und kaum ein Wort Deutsch verstehen. „Wenn der Vermieter selbst seinen Müll auf der Straße entsorgt, machen es die Mieter nach.“ Offiziell führt das Einwohneramt an diesem Vormittag nur eine Meldeüberprüfung durch. Ein Instrument, das Türen zu öffnen und drastische Einblicke in das Elend dieser Bruchbuden zu gewähren vermag. „Die meisten Wohnungen sind widerlich“, entfährt es einem Polizisten. Überall habe er Dreck und Müll gesehen. Sein Kollege berichtet von einem Loch in der Zimmerdecke und sagt: „Es ist unfassbar, ich konnte in die Wohnung darunter schauen.“

Höchst verwirrend die Frage, wer hier Täter und wer Opfer ist. Der Eigentümer zeigt auf die Mieter, diese auf ihn, und die Nachbarn zeigen auf beide.

Auch interessant

Von Gerd Niewerth und Kerstin Kokoska

Inmitten dieses Elends strahlt die gemütliche Erdgeschosswohnung der Galicianos Hoffnung aus. Seit acht Monaten lebt der Rumäne Tiberius Galiciano (47) mit seiner Frau Joana und den vier schulpflichtigen Kindern in der Rahmstraße 113. Ihre Wohnung (800 Euro Warmmiete) haben sie gemütlich eingerichtet – und die Heizkörper bis zum Anschlag aufgedreht. Wenn Galiciano aus dem Fenster schaut, erblickt er denselben Hinterhof, auf dem einst der junge Otto Rehhagel kickte. Die Trainerlegende ist in der „113“ aufgewachsen. Er führt in den Keller: Hier stapelt sich der Müll bis an die Decke, mehrere Räume sind aufgrund des getürmten Unrats nicht mehr betretbar. Galiciano behauptet, für 50 Euro am Tag für den Hauseigentümer zu schuften. „Aber der schuldet mir noch drei Monatslöhne.“

Sozialarbeiter kümmern sich

Als die Polizisten und Inspektoren abgerückt sind, kommen die Sozialarbeiter. Sie kümmern sich schon lange um die Bewohner, bringen für die Kinder die Spieletonne mit und räumen mit den Frauen den Müll aus den Hinterhöfen. „Die Leute wollen sich ein Leben aufbauen“, sagt eine. Über die Kinder versuchen sie, die Erwachsenen zu erreichen. „Ich will in Deutschland arbeiten, meine Kinder sollen ‘was lernen“, sagt Tiberius Galiciano.

Stadt fordert Eigentümer auf, ein sicheres Wohn- und Lebensumfeld zu schaffen 

Die Stadt ist mit dem Ergebnis des Großeinsatzes am Freitagvormittag in Altenessen zufrieden. Noch nie ist sie mit so viel Aufwand gegen Schrottimmobilien vorgegangen. Ziel der Aktion waren die Häuserzeilen Palmbuschweg 121 bis 129 sowie Rahmstraße 107 bis 113.

Während der etwa zweistündigen Kontrolle in insgesamt acht Immobilien, davon sieben bewohnt, seien 116 von 130 gemeldeten Personen angetroffen und überprüft worden. Darüber hinaus waren 28 weitere Personen anwesend, die sich vorübergehend als Besucher in den Häusern aufgehalten haben sollen. Bei den meisten Bewohnern handelt es sich um Zuwanderer aus dem EU-Land Rumänien, auch Serben und Mazedonier sind dort gemeldet. Die Inspektoren klingelten bei 40 Wohnungen, nicht alle waren bewohnt.

Auch interessant

Während der „Hausbegehung“ seien bauliche Mängel festgestellt worden, die durch den Vermieter behoben werden müssen. Darüber hinaus wird die Stadt den Eigentümer der Immobilie auffordern, unsachgemäß gelagerte Kühlschränke, die in größerer Anzahl vorgefunden wurden, umweltgerecht zu entsorgen.

„Die Stadt Essen wird den Eigentümer der Immobilie weiterhin auffordern, sowohl für die Mieter als auch für die Anwohner ein sicheres und verträgliches Wohn- und Lebensumfeld zu schaffen“, sagt Ordnungsdezernent Christian Kromberg. „Darüber hinaus werden wir als Stadt nicht hinnehmen, dass einzelne Wohnhäuser in einem baulich schlechten Zustand gehalten werden und so zur Abwertung eines Stadtteils oder der Stadt führen.“

„Ich bin erschüttert, über all das, was da zu sehen ist“ 

Alteingesessene Altenessener erinnern sich mit nostalgischen Gefühlen an ihre Kindheit in den ehemaligen Bergarbeitersiedlungen im Bereich Rahmstraße. Mit Entsetzen verfolgen sie nun die Zeitungsberichte über die Schrottimmobilien. Eine 81-Jährige ehemalige Altenessenerin schreibt uns dies:

„Ich bin erschüttert über all das, was da zu sehen ist. Ich habe 13 Jahre mit meinen Eltern und meiner Schwester Irmgard im Hause Rahmstraße 110 gewohnt. Wir hatten dort eine wunderschöne Kindheit – mit den Familien Böttcher, Rehhagel, Stanezius und Rump. Von Sommer 1941 bis Dezember 1954. Ganz besonders in Erinnerung geblieben sind mir die Kinder der Nachbarsfamilie, die in dieser Zeit geboren wurden.

Als Hans etwa sechs bis sieben Jahre alt war, kam Theo. Er hat unten nie Mehlspeisen essen wollen, aber bei uns in der ersten Etage aß er alles.“