Essen. . Das Personal im Hauptbad hat drei syrische Flüchtlinge vor dem Ertrinken gerettet. Die Bäder stellen sich auf mehr Notsituationen ein: Die allermeisten Flüchtlinge sind Nichtschwimmer.
- Badepersonal im Essener Hauptbad hat drei Flüchtlinge vor dem Ertrinken gerettet
- Schwimmmeister rechnen mit mehr Notsituationen, sehen sich aber gut aufgestellt
- In Hallenbädern werden Baderegeln in verschiedenen Sprachen ausgehängt
Der Zustrom von Flüchtlingen stellt auch das Personal in den Essener Hallen- und Freibäder vor völlig neuartige Herausforderungen. Grund: Die allermeisten Zuwanderer sind Nichtschwimmer und haben noch nie in ihrem Leben ein Schwimmbad betreten. „Die Sicherheit aller Badegäste zu gewährleisten, ist die größte Herausforderung für uns“, sagt Thurmfeld- und Gruga-Badleiter Georg Schwiderski (50), der mit 34 Dienstjahren zu den langgedienten Schwimmmeistern der Stadt zählt.
Wie berechtigt seine Sorge ist, zeigt ein spektakulärer Vorfall, der sich erst vor kurzem beim „Abschwimmen“ im inzwischen geschlossenen Hauptbad zutrug: Drei syrische Flüchtlinge drohten zu ertrinken, konnten aber durch das beherzte Eingreifen des Personals gerettet werden.
Einführung in das Einmaleins der Baderegeln
Einer dieser Lebensretter ist Schwimmmeister Hamed Hassanabadi, ein gebürtiger Perser und selbst ein Zuwanderer. Die Beinahe-Katastrophe passierte im Mehrzweckbecken, das zwei unterschiedliche Wassertiefen aufweist: 1,20 Meter für Nichtschwimmer und 3,50 Meter für Schwimmer.
Eigentlich waren alle Voraussetzungen für einen ausgelassenen Badespaß geschaffen. So hatte die Flüchtlingsunterkunft der syrischen Gruppe eigens einen Sozialarbeiter als Betreuer zur Seite gestellt, um den jungen Männern in dem für sie völlig neuartigen Ambiente „Badeanstalt“ Orientierung und Hilfestellung zu geben. Auf die Schnelle gab’s eine Einführung in das Einmaleins der Baderegeln: Dass man sich zuerst duschen muss, im Becken keine Unter-, sondern eine Badehose zu tragen hat und nicht von der Seite ins kühle Nass hechten darf.
„Dieser Fall ist eine Warnung für uns alle“
Und trotzdem passierte das Malheur. Denn drei Übermütige ignorierten das Trennseil, das die Ungeübten vom tiefen „Schwimmer“ fernhalten soll. „Zuerst gingen zwei Köpfe unter, dann wollte der Dritte den Ertrinkenden helfen, aber der ging dabei selber unter“, berichtet Georg Schwiderski. In wenigen Sekunden verwandelte sich der lustige Badespaß in einen Todeskampf. „Dass wir zeitgleich drei Nichtschwimmer vor dem Ertrinken retten mussten, ist wirklich nicht unser Berufsalltag“, fügt Schwiderski hinzu. Das Trainingsprogramm der Lebensretter geht vom klassischen Szenario aus, nach dem nur eine Person gerettet werden muss.
Als Schwimmmeister Hamed Hassanabadi kapierte, dass sich die Drei verzweifelt um sich schlagend und tretend in die Tiefe wühlten, sprang er kopfüber ins Becken und zog die drei Syrer – unterstützt vom Sozialarbeiter – mühevoll aber unversehrt an den Beckenrand. „Dieser Fall ist eine Warnung für uns alle“, sagt Schwiderski, „wir müssen uns darauf einstellen, dass solche Notsituationen häufiger auftreten.“ Erst recht, wenn im Frühjahr die Freibäder öffnen und an heißen Tagen noch mehr „Nichtschwimmer-Flüchtlinge“ eine Abkühlung suchen. Im Moment hält sich das Interesse noch in Grenzen. Meistens suchen Flüchtlinge ein Hallenbad auf, wenn es in der Nähe ihrer Unterkunft liegt.
Baderegeln in verschiedenen Sprachen
Dass sich jetzt dennoch kein mulmiges Gefühl unter den Essener Schwimmmeistern breitmacht, hat gute Gründe. Denn jeder und jede von ihnen sind bestens ausgebildete Rettungskräfte. „Wir sind perfekt aufgestellt“, sagt Schwiderski. „Allerdings müssen wir künftig genauer hinschauen, wenn wir Flüchtlinge im Bad haben.“
In allen Hallenbädern werden jetzt Baderegeln ausgehängt: in Arabisch, Persisch, Englisch, Französisch, Türkisch und Deutsch. Michael Ruhl (Sport- und Bäderbetriebe) schätzt, dass 99 Prozent der Flüchtlinge Nichtschwimmer sind. Sicherheit sei das Top-Thema.
Nach dem Schwimmbad-Verbot für männliche Flüchtlinge in Bornheim (wegen Belästigung von Frauen) hat die Verwaltung die Essener Hallenbäder gezielt abgefragt. Erfreuliches Ergebnis: In keinem einzigen Bad seien schlechte Erfahrungen mit Flüchtlingen gemacht worden.