Essen. Viel Glück hatte der Alt-Junkie nicht bei seinen Taten. Doch drei neue Taten führt den 50-Jährigen jetzt wieder vor das Landgericht Essen.

Einige Jahre war es ruhiger geworden um den 50-jährigen Essener, der seit früher Jugend den Drogen verfallen ist. Doch drei neue Taten führen ihn jetzt wieder vor das Landgericht Essen.

Es ist nicht gerade die Schwerstkriminalität, die seit Mittwoch vor der VI. Strafkammer verhandelt wird. Etwa der erste Fall: Da kommt er wenige Minuten zu spät zur Suchthilfe in der Hoffnungstraße. Dort bekommt er regelmäßig seine Portion Polamidon, Ersatz für seine illegalen Drogen. Doch an diesem 12. Mai 2015 gibt es nichts mehr für ihn. „Bei Verspätungen ist die Suchthilfe sehr hart“, sagt eine Mitarbeiterin, „da gibt es nichts mehr. Zu ist zu.“

Wenn die Sucht so groß ist

Dirk L. lässt sich das nicht gefallen, fasst eine Mitarbeiterin hart an den Oberarm, schubst sie zur Seite und setzt die Polamidon-Flasche an. 147 Milliliter fließen durch seine Kehle. Die Mitarbeiterin: „Ich kann das sehr gut verstehen. Wenn die Sucht so groß ist.“

Fünf Tage später taucht Dirk L. an der Jet-Tankstelle am Berliner Platz auf. Nicht unauffällig packt er eine Flasche Bier in seine Jacke, will gehen. „Wollen Sie nicht bezahlen?“, ruft die Kassiererin, da haut er ab.

Weit kommt er nicht. Eine andere Kassiererin eilt hinterher, bringt ihn zu Fall und fixiert ihn am Boden, bis die Polizei kommt. Dafür wird sie von ihm beschimpft. Die erste Kassiererin, 32 Jahre alt, zollt Anerkennung für den Einsatz ihrer Kollegin, schränkt aber ein: „Mir wäre es für eine Flasche Bier zu gefährlich gewesen. Er wirkte betrunken und aggressiv.“ Tatsächlich hat er ein Klappmesser in der Tasche.

"Da war Hoffnungslosigkeit"

Dirk L., der im vergangenen Jahrzehnt rund vier Jahre ununterbrochen für kleinere Sachen in Haft saß, tritt drei Monate später, am 19. August, erneut in Erscheinung. Da will er morgens um 6.29 Uhr von zwei Frauen im Altenessener U-Bahnhof die Handys. Falls nicht, droht er, „gibt es Pfefferspray in die Fresse“. Die Frauen weigern sich, weichen dem Spray aus und flüchten vor ihm.

Verteidiger Herbert Lederer gibt für den Angeklagten ein Geständnis ab. Der meldet sich auch zu Wort und entschuldigt sich bei den Frauen, die er angegriffen hat. Ansonsten diskutiert er mit Richterin Jutta Wendrich-Rosch über das Messer. „Ein Kartoffelmesser“, sagt er. Die Richterin: „Wenn, dann ein Gartenmesser. Höllisch scharf.“ Über seine Situation im letzten Sommer sagt er auch etwas: „Ich hatte den Überblick verloren. Da war Hoffnungslosigkeit.“