Essen. Essens Ex-OB Wolfgang Reiniger soll den Ehrenring der Stadt bekommen. Und vor allem zahlreiche Politiker eine Ehrenplakette. Manchem stößt das sauer auf.

Im Ältestenrat haben sie die Angelegenheit diskret vorbesprochen, und vielleicht tut Wolfgang Reiniger allen Beteiligten auch den Gefallen und gibt sich ein wenig überrascht. Im Grunde aber ist es ja so: Von Gustav Heinemann bis Annette Jäger ist bislang noch jeder Essener Oberbürgermeister mit dem Ehrenring ausgezeichnet worden – seit 1961 Zeichen der Anerkennung für „hervorragende Verdienste um die Stadt Essen“.

Wolfgang Reiniger wäre also schlicht „dran“ – und so der zehnte Ringträger in einer überschaubaren Liste, die neben den anderen Stadtoberhäuptern nur noch die Namen von Alfried Krupp von Bohlen und Halbach, Berthold Beitz und Franz Kardinal Hengsbach notiert.

750er Gold und acht bis zehn Diamant-Baguettes

Hier und da hat es ein wenig Moserei gegeben, dass der Fingerschmuck aus blau schimmerndem Lapislazuli, 750er Gold und acht bis zehn Diamant-Baguettes in Platinfassungen demnächst „ausgerechnet“ dem OB verliehen werde, in dessen Amtszeit die Schulden der Stadt so in die Höhe schnellten. Doch die Rechnung fällt bei genauem Hinsehen komplexer aus und am Ende, heißt es, gab es keinen, der die Ehre hätte verweigern wollen.

Der Ehrenring der Stadt Essen.
Der Ehrenring der Stadt Essen. © Oliver Müller NRZ

Das sieht bei der ebenfalls anstehenden Verleihung der Ehrenplakette womöglich schon etwas anders aus. Die güldene Auszeichnung mit 33 Millimeter Durchmesser ehrt – man beachte den Unterschied – nicht „hervorragende“, sondern „besondere“ Verdienste um die Stadt, zu denen offenbar vornehmlich Politiker bereit sind. Denn sie machen mit 68 von 119 Geehrten das Gros aus. Auch bei der für 2016 geplanten Verleihungsrunde überwiegt mit 14 von 20 Nennungen die Zahl der aktiven und ehemaligen Ratsmitglieder beachtlich, und ein Kenner der Materie räumt hinter vorgehaltener Hand ein, wo formal das zentrale Vergabekriterium liegt: „Das ist schon so: Man guckt erstmal, wer hat die Zeit abgesessen.“

„Inflationierung der Vergabe“

Zwanzig Jahre ehrenamtliche Ratstätigkeit oder drei Wahlperioden an der Spitze eines Stadtbezirks gelten als Maßstab. Wer so lange dabei war, hat in der Tat viel Freizeit der ehrenamtlichen Politik geopfert. Wer es nicht schaffte, wird von den Ratsfraktionen nachnominiert.

Nein, Ehr-Geiz sieht anders aus, aber dass Politiker vorwiegend anderen Politikern Ehre zuteil werden lassen, stößt sauer auf. Eine „Inflationierung der Vergabe“ kritisieren manche und fragen nach: „Darf’s auch etwas exklusiver sein?“

Aber bei wem sollte man dann anfangen? Immerhin, aus Spargründen ging die Stadt schon dazu über, die Ehrenplakette aus 333er statt 585er Gold fertigen zu lassen. Das gute Stück nur zu vergolden, wurde dagegen abgelehnt.

Kam wohl doch zu billig rüber.