Essen. . In der Flüchtlingsfrage ringt die Partei um Zusammenhalt. Im Norden wollen Genossen nun „privat“ für eine „gerechte Verteilung“ der Asylstandorte streiten.

  • In der Flüchtlingsfrage ringt die SPD um den inneren Zusammenhalt.
  • Genossen aus dem Essener Norden wollen „privat“ für eine gerechte Verteilung streiten.
  • Sie befeuern den Nord-Süd-Konflikt auch in der eigenen Partei.

So eine richtig gute Idee war es nicht mit dieser Demo. Und der Slogan, der war total daneben. Den Protestzug unter dem zweifelhaften Motto „Genug ist genug. Der Norden ist voll“ haben sie gerade noch rechtzeitig abgesagt, da war die Empörungsmaschinerie bereits in vollem Gange. Die Tatsache, dass drei SPD-Ortsvereine gegen den Bau von Flüchtlingsunterkünften auf die Straße gehen wollten, beschert den Genossen nicht nur bundesweit Aufmerksamkeit. „Ich bekomme Post und E-Mails aus der ganzen Welt und werde in Zeitungen in Polen, Italien, Spanien und den Niederlanden zitiert. Das war mit Sicherheit nicht mein Ziel“, diktierte Stephan Duda, Vorsitzender des Ortsvereins Karnap, einem Journalisten der Frankfurter Rundschau in den Block.

Manchem Kommentator dient der abgeblasene Protestzug als Beleg für die innere Zerrissenheit der Sozialdemokratie in der Flüchtlingsfrage. Kein Wunder, dass die Parteispitze das Ganze gerne tiefer hängen würde. Versuche von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft und Essens SPD-Chefin Britta Altenkamp, die Parteifreunde einzunorden, können jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Frage der Unterbringung von Flüchtlingen die Essener SPD vor eine ernste Belastungsprobe stellt. Inzwischen denken Mandatsträger laut darüber nach, ohne ihre Partei die Initiative zu ergreifen: „Wenn wir Probleme mit der Parteispitze haben, müssen wird das privat machen“, sagt Theo Jansen, SPD-Sprecher in der Bezirksvertretung Karnap, Altenessen, Vogelheim. „Es geht nicht gegen Flüchtlinge, es geht um eine gerechte Verteilung der Standorte.“ Der Norden müsse den Bürgerinitiativen im Süden der Stadt etwas entgegen setzen. Andernfalls drohe im Rat „ein fauler Kompromiss“, fürchtet Jansen, der mit seiner Sorge nicht alleine dasteht. 170 E-Mails habe er bekommen. Auch Ratsmitglieder zeigen sich offen für Jansens Initiative. „Wenn Bürger so etwas initiieren, sollte man überlegen, ob man teilnimmt“, sagt der sozialpolitische Sprecher, Karlheinz Endruschat aus Altenessen.

Nur 21 Stimmen für Antrag

Entgleitet der Führung von Partei und Fraktion da etwas? Essens SPD-Parteivorsitzende Britta Altenkamp zieht es vor, öffentlich zu schweigen und verweist auf interne Gespräche in der kommenden Woche. So viel sagt Altenkamp dann doch: „Die einen laufen in einer Bürgerinitiative mit, die anderen gründen eine.“ Nur laufen sie eben nicht in dieselbe Richtung.

Korrekturbedarf bei der Verteilung der Flüchtlinge hatte auch Fraktionschef Rainer Marschan in der jüngsten Ratssitzung angemahnt. Marschan griff damit jene Kritik auf, die der Karnaper Ratsherr Guido Reil so als erster öffentlich formuliert hatte. Dass Parteifreunde wie Theo Jansen nun den Nord-Süd-Konflikt in der Fraktion von außen befeuern, kann Marschan nicht gefallen. Jansens Initiative nennt er wenig hilfreich. Marschan muss zusehen, dass er seinen Laden zusammen hält. Damit hat er alle Hände voll zu tun. Im Rat versuchte der Vorsitzende des Essener Bürgerbündnisses, Udo Bayer, auszutesten, wie es um den Zusammenhalt der SPD-Fraktion bestellt ist. Mit Grünen und Partei-Piraten stellte Bayer einen Antrag zur geheimen Abstimmung, der darauf abzielte, die Kapazität von Asyl-Unterkünften auf maximal 300 Plätze festzuschreiben. Der Versuch lief ins Leere, von 84 Ratsmitgliedern stimmten nur 21 für den Antrag, vier enthielten sich, 59 votierten dagegen. Die SPD-Fraktion ließ sich weder auseinander dividieren, noch auf eine Obergrenze festlegen, von der niemand sagen kann, ob sie einzuhalten ist. Diese Prüfung hat die SPD bestanden.