Essen. . Zu den vorgeschlagenen Flächen für Flüchtlingsunterkünfte sieht CDU-Fraktionschef Uhlenbruch keine Alternative. Derweil flammt die alte Nord-Süd-Debatte neu auf.
Die aktuelle Diskussion über die Frage, wo die Stadt bitteschön feste Unterkünfte für Flüchtlinge bauen soll, hat in der Politik die Debatte über die vermeintliche Benachteiligung des Essener Nordens zugunsten der Stadtteile im Süden neu entfacht – und zwar über Parteigrenzen hinweg.
Die Fraktionsvorsitzenden von CDU und SPD, Jörg Uhlenbruch und Rainer Marschan, plädierten zwar am Dienstag demonstrativ in einer gemeinsamen Erklärung für eine ausgewogene sozial verträgliche Verteilung der Flüchtlinge. Augenscheinlich versuchten sie damit ein Feuer auszutreten, das längst entflammt ist.
FlüchtlingeAllen voran gilt das für die SPD. Wie berichtet, wollen die Sozialdemokraten die von der Verwaltung vorgeschlagenen Flächen zum Bau von Asylunterkünften so nicht mittragen. Fraktionschef Marschan untermauerte am Dienstag seine Kritik: Bei der Unterbringung von Flüchtlingen müsse die gesamte Stadtgesellschaft mithelfen. „Wir dürfen diese Aufgabe nicht einseitig den Stadtteilen auflasten, die ohnehin schon mit vielen sozialen Fragen konfrontiert werden“, erklärte Marschan. Fraktionsmitglieder hatten Unverständnis darüber geäußert, dass fast ausnahmslos Freiflächen im Essener Norden bebaut worden sollen.
Essener Süden "voll im Soll"
Aus Reihen der CDU ernteten die Sozialdemokraten dafür beißende Kritik. „Schade, SPD-Fraktion Essen. Ihr wärmt also lieber die alte, blöde Nord-Süd-Neiddiskussion auf, statt anhand objektiver Kriterien zu entscheiden“, schreibt Ulrich Beul, CDU-Ratsherr aus Bredeney, im sozialen Netzwerk Facebook. Und Guntmar Kipphardt, CDU-Ratsherr aus Kettwig, sieht den Essener Süden bei der Unterbringung von Flüchtlingen „voll im Soll“.
Dabei gibt es offenbar nicht wenige unter den Christdemokraten, die den Sozialdemokraten in der Flächenfrage sehr nahestehen. Die Bedenken der SPD-Fraktion seien absolut berechtigt, erklärte Siegfried Brandenburg, CDU-Ratsherr aus Schonnebeck. Der Kritik von SPD-Fraktionskollege Guido Reil, die dieser im Interview mit dieser Zeitung geäußert hatte, kann Brandenburg nur zustimmen: „Wenn in einigen Stadtteilen 50 Prozent Migranten lebten, „kann man nicht noch 20 Prozent drauf packen.“ Zur Äußerung seines eigenen Fraktionskollegen aus Bredeney sagte er: „Wenn ich im Süden wohne, kann ich so etwas leicht sagen.“
Niemand weiß, wie lange der Zustrom anhält
CDU-Fraktionschef Jörg Uhlenbruch warnte im Gespräch mit der Redaktion ausdrücklich davor, den Norden und den Süden in der Flüchtlingsfrage gegeneinander auszuspielen. „Das bringt uns nicht weiter.“ Gleichwohl zeigt Uhlenbruch Verständnis für die Sorgen der SPD und damit unausgesprochen auch für die Kritiker in den eigenen Reihen. Uhlenbruch mag nach eigenen Worten jedenfalls jenen nicht widersprechen, die bei der Verteilung der potenziellen Standorte für neue Flüchtlingsunterkünfte eine „gewisse Unwucht“ zu Lasten des Nordens ausmachen. Das Problem aus seiner Sicht: Er kenne zu den Vorschlägen keine Alternativen. Vielleicht habe die Verwaltung noch ein paar in petto.
Noch liegt die Vorlage, über die der Rat in der kommenden Woche beschließen soll, nicht vor. Mit der SPD will Uhlenbruch sich verständigen, doch man fragt sich, wie eine solche Verständigung aussehen soll. „Wir sind in einer Notsituation. Das vergessen die meisten Leute“, sagt Uhlenbruch in Anspielung auf den anhaltenden Flüchtlingsstrom. Wie lange dieser Zustrom anhält, wisse niemand. Wenn denn aber wieder weniger Flüchtlinge kommen, dann müssten die Unterkünfte im Norden der Stadt die ersten sein, die wieder abgebaut werden.