Essen. Zwei Ärzte konkurrieren um die lukrativen Früherkennungs-Untersuchungen für Brustkrebs in Essen. Einige Kliniken befürchten weniger Überweisungen.

Um die Nachfolge der „Mammografie-Screenings“ in Essen ist ein Kampf entbrannt. Nachdem Dr. Karlgeorg Krüger sein Zentrum für Brustdiagnosen an der Hindenburgstraße geschlossen hat, konkurrieren zwei Ärzte um die Übernahme der millionenschweren Vorsorge-Aufgabe. Zu der werden alle Frauen zwischen 50 und 69 Jahren eingeladen.

Wenn es um „Mammografie-Screenings“ in Essen geht, wird derzeit nicht nur viel in Hinterzimmern gesprochen. Es sind auch Schreiben unterwegs. Dr. Heiko Pump, der die Untersuchungen zur Früherkennung von Brustkrebs bislang in den Diavero-Räumlichkeiten von Dr. Karlgeorg Krüger an der Hindenburgstraße gemacht hat, hat Dienstag eine E-Mail an die Frauenärzte der Stadt verschickt. „Zurzeit wird von mir ein Konzept zur Realisierung einer neuen Praxis erarbeitet, um schnellstmöglich an einem neuen Standort den Screeningbetrieb wieder starten zu können“, heißt es in dem vertraulichen Schreiben, das unserer Zeitung vorliegt.

Pump will ab Februar eine mobile Einheit nutzen und hofft, in „drei bis vier Monaten“ die neue Praxis zu eröffnen.

Experten aus ganz Deutschland angeworben

Auch Dr. Frank Stöblen, Inhaber der „Körpergrafie“ in Bredeney und Abteilungsleiter der Kliniken Essen-Mitte, hat einen Brief geschrieben. Adressat ist die Kassenärztliche Vereinigung Nord in Düsseldorf, die die lukrativen „Mammografie-Screenings“ vergibt. Stöblen sieht sich als programmverantwortlichen Arzt. Er bietet an, die Praxis von Dr. Karlgeorg Krüger zu übernehmen.

Ausgerechnet, möchte man sagen: Durch die Trennung im Streit der Diavero-Partner Krüger/Stöblen 2010 ist die heutige Situation erst entstanden. „Es ist ein Verteilungskampf“, beschreibt der Chefarzt einer Essener Klinik den Duell-Charakter in dem Medizin-Krimi.

Zum Zeitpunkt, als Stöblen, damals programmverantwortlicher Arzt für die Früherkennungs-Untersuchungen in Essen, die Diavero verließ, wurden quasi alle Patientinnen zur Behandlung in die Kliniken Essen-Mitte überwiesen. Dort hatte Geschäftsführer Horst Defren ein hochwertiges und zertifiziertes Brustkrebszentrum aufgebaut und Experten aus ganz Deutschland angeworben. Auch Dr. Stöblen wechselte schließlich ins Huyssenstift.

Kliniken befürchten Konzentration auf Essen-Mitte

Bei seinem Ex-Partner Dr. Krüger stieg Dr. Heiko Pump ein. Der ist programmverantwortlicher Arzt für die Mammografie-Screenings in Mülheim und Oberhausen. In Essen hat er die Aufgabe erst als Vertreter wahrgenommen. Inzwischen übt er sie kommissarisch aus. Unter dem Duo Kröger/Pump verteilten sich die Überweisungen von Brustkrebs-Patientinnen wieder mehr, wie zu Beginn der 2000er-Jahre, auf andere Essener Krankenhäuser.

Wie auf die Uniklinik. Nicht nur dort sieht man die Bemühungen von Dr. Stöblen kritisch. Auch das Elisabeth-Krankenhaus der Contilia-Gruppe und die Krupp-Kliniken, die gerade aus dem Brustkrebs-Verbund der Kliniken Essen-Mitte zur Uniklinik gewechselt sind, schauen genau hin. Gemeinsam kommt der Verbund auf 600 Brustkrebs-Patientinnen pro Jahr. Die Kliniken Essen-Mitte behandeln allein 600 Patientinnen, die an der häufigsten Krebserkrankung bei Frauen leiden. Sollte Dr. Stöblen wieder die Screenings übernehmen, so befürchteten die anderen Kliniken, könnten künftig deutlich mehr Patientinnen zu Essen-Mitte überwiesen werden.

KV favorisiert Pump-Lösung

Auch andere Brustkrebs-Involvierte beobachten das Duell. „Das Mammografie-Screening läuft gerade in ruhigen Bahnen. Es ist bei Dr. Pump in guten Händen. Es hat von Seiten der Frauen keine Klagen gegeben“, sagt Christine Poensgen. Sie ist Sprecherin der Essener Gruppe der „Frauenselbsthilfe nach Krebs“ und gehört zum „Runden Tisch Brustkrebs“. Dort sitzen auch Krankenkassen, wie die AOK, die den größten Anteil der Essener versichert. „Es gab früher Vorkommnisse. Die sollten der Vergangenheit angehören. Die Kassenärztliche Vereinigung muss liefern“, fordert Regionaldirektor Oliver Hartmann.

Bei der KV ist am Donnerstag das Brief-Angebot eingegangen. Sie favorisiert die Pump-Lösung, weiß aber, dass Dr. Stöblen seinen Anspruch notfalls juristisch durchsetzen will. Schon jetzt laufen Verfahren, bei denen die Stöblen-Seite erste Erfolge erzielt hat.