Essen. Nach 30 Jahren ist der Essener Klaus Tobaschus zurückgekehrt. Die Stadt und ihre Menschen, findet er, hätten sich stark verändert – nicht zum Positiven.

Erst Essen, dann Freiburg. Zwischendrin sogar mal Moskau. Und das sind noch nicht einmal alle Stationen in Klaus Tobaschus bewegtem Leben. Jetzt aber erneut Essen: Nach 30 Jahren Revier-Exil lebt der 78-Jährige seit etwa drei Monaten wieder in der Stadt. Er und mehr als 20.000 weitere Zugezogene. Denn nach mehr als zwei Jahrzehnten Einwohnerverlusten wächst die Stadt seit 2012 wieder kontinuierlich; aktuell leben hier 583.267 Bürger.

Klaus Tobaschus Essener Jahre fallen sowohl in die Zeit vor dem Schwund als auch in die jetzige Phase des städtischen Wachstums. Er sagt ganz klar: „Ich erkenne die Essener Bevölkerung nicht wieder.“

Für ihn fängt das bei den kleinen Dingen des Alltags an und endet beim öffentlichen Personennahverkehr. „Die Essener waren damals viel selbstbewusster, offener. Egal ob in der Stammkneipe oder im Sportverein, man kam immer irgendwie in Kontakt. Heute habe ich manchmal das Gefühl, die schimpfen nur noch.“

"Klima der Gleichgültigkeit"

Eine der einschneidendsten Erfahrungen habe sich für ihn auf dem Markt auf der Margarethenhöhe – seiner neuen alten Heimat – abgespielt. Auch hier: kein Mit-, nur ein Nebeneinander. Die Verkäufer kümmerten sich nur um ihre eigenen Stände, keiner helfe dem anderen, egal, wie groß – oder klein – der Kundenandrang an den anderen Ständen sei.

Solche Dinge sind zwar völlig normal auf Märkten mit Ständen unterschiedlicher Verkäufer, für den ehemaligen Pressesprecher der AEG-Kanis mit Erfahrungen auch im Bereich Personal dennoch ein Ärgernis. Für ihn spiegeln derartige Szenen aber die aktuelle Stimmung in Essen perfekt wider. Und dieses Klima der Gleichgültigkeit ziehe sich hoch bis in die Stadtverwaltung, moniert der 78-Jährige.

Mehr Fahrradwege

Das größte Manko ist für ihn aber der seiner Meinung nach mangelhafte Ausbau der Fahrradwege in Essen. Das klingt kurios – wurde die Stadt von der Arbeitsgemeinschaft fußgänger- und fahrradfreundlicher Städte in 2014 doch für weitere sieben Jahre als fußgänger- und fahrradfreundliche Stadt ausgezeichnet.

Natürlich gebe es die großen, schönen Trassen, räumt der passionierte Radfahrer ein, doch die seien eher für Spazierfahrten geeignet. Wer mit seinem Rad Dinge des täglichen Lebens erledigen wolle, müsse häufig auf die Fahrbahnen ausweichen. Und hier fehle für ihn auch der Respekt der Autofahrer. „Ich wurde häufig beschimpft, wenn ich mit meinem Fahrrad auf der Straße fahre.“

Vielleicht ist Klaus Tobaschus Sicht auf die Dinge verzerrt – von den Jahren, von anderen Mentalitäten. Aber das Leben in Essen bewege ihn eben – im Gegensatz zu den meisten anderen Essenern, wie er findet.