Essen. 52 Jahre im Dienst der Essener Sparkasse: Hans Martz (66) fing als 14-Jähriger im Unternehmen an und blieb immer dabei.
Am 31. Dezember 2015 hat Hans Martz (66) offiziell seinen letzten Arbeitstag. Der Vorstandsvorsitzende der Sparkasse geht in den Ruhestand. Beim Interviewtermin wenige Tage vor Weihnachten sah es auf seinem Schreibtisch allerdings noch nicht nach baldigem Abschied aus. Der war noch reich gedeckt mit Vorlagemappen, die alle noch abgearbeitet sein wollten. Martz begann im Alter von 14 Jahren seine berufliche Laufbahn bei der Sparkasse Essen und war 24 Jahre lang Mitglied im Vorstand. Seit 2007 stand er an dessen Spitze. Offiziell wird der Essener am 20. Januar zur 175-Jahr-Feier der Sparkasse verabschiedet.
Herr Martz, wissen Sie schon, was Sie am 4. Januar – ihrem ersten Tag im Ruhestand – tun werden?
Hans Martz: Ich werde morgens ein bisschen beruhigter aufstehen, etwas länger frühstücken und dann werde ich beginnen, darüber nachzudenken, welche Dinge ich künftig noch nachholen muss. Ich habe in meiner Zeit bei der Sparkasse privat doch viel zurückstellen müssen.
Sie haben das Bankgeschäft von der Pike auf bei der Sparkasse Essen gelernt und sind dort früh in Führungspositionen aufgerückt, Sie haben aber nie ein anderes Bankhaus kennen gelernt. Wäre eine solche Karriere heute noch denkbar?
Martz: Das ist sicher ungewöhnlich und wäre heute wohl so eher nicht mehr möglich, allein wenn ich an die aufsichtsrechtlichen Anforderungen denke. Aber es hat ja auch Vorteile, wenn man so lange Zeit bei einem Arbeitgeber ist. Man kennt die Strukturen im eigenen Haus extrem gut, man kennt die Menschen, die Abläufe und man hat viel historisches Wissen. Das hilft, vieles viel schneller zu erledigen. Dass ich nie in ein anderes Haus hineingeguckt habe, das hat sich aber auch dadurch kompensiert, dass ich in vielen Gremien außerhalb der Sparkasse Essen eingebunden bin. Unter anderem bin ich stellvertretender Landesobmann des Rheinischen Sparkassen und Giroverbandes. Dadurch habe ich Einblick in viele andere Häuser erhalten.
Wenn man sich die schwierige Situation in der Bankenlandschaft anschaut, sind Sie froh, dass Sie sich in Ruhestand verabschieden dürfen?
Martz: Nein, froh bin ich nicht aber beruhigt, dass die Sparkasse Essen gut aufgestellt ist. Die Zeiten waren aber immer herausfordernd. Denken Sie nur an die Finanzkrise, die ich hautnah miterlebt habe. Nur wenige Monate nach meinem Amtsantritt als Vorstandsvorsitzender kam am 15. September 2008 die Pleite von Lehman Brothers. Alles, was man vorher an Bankwissen aufgebaut hatte, war von einem auf den anderen Tag über den Haufen geworfen. Aber auch die kommenden Zeiten werden herausfordernd sein, wenn die Niedrigzinspolitik so bleibt.
Andere Sparkassen haben als Reaktion darauf u.a. bereits drastische Einschnitte ins Filialnetz vollzogen oder angekündigt. Wird die Sparkasse Essen folgen?
Martz: Wir beschäftigen uns natürlich mit diesem Thema. Nicht nur die Niedrigzinspolitik auch die Digitalisierung verändert die Bankenwelt insgesamt. Das spüren wir an den Kundenfrequenzen in den Geschäftsstellen. Gerade junge Leute besuchen kaum noch eine Bankfiliale. Darauf müssen wir uns mit einem digitalen Angebot einstellen und wir werden uns auch im Filialnetz anpassen müssen.
Das heißt konkret?
Martz: Momentan kann ich dazu noch nichts Genaueres sagen. Wir haben im Herbst 2015 ein Projekt aufgesetzt, das sich mit diesen Veränderungen beschäftigt. Das wird Mitte nächsten Jahres abgeschlossen sein. Erst dann wissen wir, was wir tun müssen. Und auch dann geht es noch nicht sofort in die Umsetzung, sondern es wird ein Projekt für die nächsten fünf Jahre sein. Ob es aber immer gleich um Filialschließungen gehen muss, weiß ich noch gar nicht. Vielleicht geht es auch um einen Umbau bzw. eine Spezialisierung von Geschäftsstellen.
Die Sparkasse Essen musste bereits für die Rettung der WestLB und der Landesbank Berlin bluten und soll nun auch der angeschlagenen Landesbausparkasse West helfen. Ein weiterer Schlag ins Kontor?
Martz: Das betrachten wir nicht als verlorene Investition, sondern als volle Kapitalausstattung einer wichtigen Tochter, damit diese ihr erfolgreiches Geschäftsmodell weiterführen kann.
Nun, so erfolgreich war die LBS zuletzt nicht, sonst würde sie jetzt nicht frisches Kapital brauchen. Fakt ist ja, dass die Niedrigzinsen das Geschäftsmodell der Bausparkassen generell in Frage stellen.
Martz: Ich bin davon überzeugt, dass das Geschäft wieder auf die Beine kommt. Andererseits brauchen wir sicher in Deutschland keine neun Landesbausparkassen mehr. Eine Bausparkasse der Sparkassen würde, wie ich finde, ausreichen. Vielleicht dient die schwierige Zeit jetzt dazu, über einen solchen Prozess intensiver nachzudenken.
In Ihrer Amtszeit musste 2015 die Sparkasse erstmals einen Teil ihres Gewinnes an die Stadt ausschütten. Auch 2016 rechnet der Kämmerer damit. Es gab von Ihnen aber kein lautes Aufbegehren wie jetzt beispielsweise in Düsseldorf. Warum?
Martz: Ich bin kein Verfechter eines Streits. Dass wir eine andere Lösung lieber gesehen hätten, ist klar. Aber wir haben gesehen, dass auch die Sparkasse ihren Beitrag leisten sollte, damit es den städtischen Finanzen etwas besser geht.
Der Damm ist gebrochen und die Sparkasse muss nun regelmäßig ausschütten, oder?
Martz: Das weiß ich nicht. Letztlich muss der Verwaltungsrat entscheiden, ob er das im wirtschaftlichen Interesse der Sparkasse verantworten kann. Ich kann daher nur appellieren, dass es nicht zur Automatik wird.
Als Vorstandschef verdienten Sie zuletzt insgesamt 600.700 Euro und erhalten als Pension nun 55 Prozent ihrer letzten festen Bezüge. Dafür musste die Sparkasse fast vier Millionen Euro Rückstellungen bilden. Es wird diskutiert, die Vorstandspensionen auf eine beitragsfinanzierte Altersvorsorge umzustellen. Was halten Sie davon?
Martz: Ich denke, das wäre zeitgemäß. Aber man sollte diese Entscheidung dem Verwaltungsrat überlassen. Eine beitragsfinanzierte Altersvorsorge würde aber zwangsläufig zu steigenden Gehältern führen. Und das würde natürlich wieder neue öffentliche Diskussionen über Vorstandsgehälter mit sich bringen.
Apropos Altersvorsorge. Sie haben vor einigen Jahren privat einen Weinberg an der Mosel gekauft.
Martz: Ja, aber nicht aus Renditegesichtspunkten. Das ist einem Hobby geschuldet. Ich beschäftige mich schon seit einigen Jahren mit Wein. Erstens trinke ich gerne ein Glas und zweitens bin ich Mitglied im Rotwein-Club „Commanderie de Bordeaux“ und sammle Rotweine – insbesondere aus dem Bordeaux.
Sammeln Sie denn den Wein als Wert-Anlage?
Martz: Nein, auch nur zum Spaß.
Wie alt ist der älteste Tropfen in Ihrem Regal?
Martz: Ich glaube Jahrgang 1949, also mein Geburtsjahr.
Ist das ein Hobby, für das Sie künftig mehr Zeit verwenden wollen?
Martz: Ja, auch. Aber nicht hauptsächlich. Ich würde gerne wieder mehr Sport machen. Ich habe früher Basketball gespielt, auch ein bisschen Tennis. Außerdem bin ich seit über zehn Jahren im Golfclub, habe aber ein fürchterliches Handicap. Daran werde ich jetzt arbeiten. Ich bin zudem sehr kulturinteressiert, liebe die Philharmonie, das Ballett und das Theater. Vor allem aber möchte ich mit meiner Frau noch viel reisen. Je exotischer, desto besser. Nächstes Jahr geht es nach Papua Neuguinea. Aber auch Australien oder Kanada stehen noch auf der Wunschliste.