Essen. Rat erwartet bei der EVV „erhebliche Verbesserungen“, um die millionenschwere Finanzlücke zu schließen. Notfalls soll eine Unternehmensberatung helfen.

Wenn Du nicht artig bist, hol ich den Papa, und der wird Dir dann schon...! – Es gibt Gelegenheiten, da verspricht man sich offenbar auch im städtischen Familienverbund eine hilfreiche Wirkung von derlei Drohkulissen.

Der Rat der Stadt jedenfalls hat am Mittwoch seine in der Verkehrs- und Versorgungs-Holding EVV zusammengeschlossenen Tochterfirmen ultimativ aufgefordert, die eigenen Etats noch einmal nach weiteren Sparmöglichkeiten zu durchforsten. Grund dafür ist die beachtliche Lücke zwischen den einst beschlossenen und im Haushalts-Sanierungsplan verewigten Plan-Zahlen und den absehbaren Ergebnissen für die kommenden Jahre. Die jährlichen Abweichungen, sie liegen zwischen 18,5 und 37,6 Millionen Euro.

In der EVV werden – wenn der Allbau wie geplant herausgelöst wird – die Gewinne der Stadtwerke, der Entsorgungsbetriebe und der Servicegesellschaft RGE mit den Verlusten der Essener Verkehrs-AG verrechnet. Wobei in der Vergangenheit eine üppige RWE-Dividende das Minus noch deutlich begrenzte. Gewinne wie Verluste blieben halbwegs stabil, die Dividenden-Einnahmen aber brachen drastisch ein, weshalb es manchem Beteiligten an Fantasie mangelt, wo denn die geforderten Verbesserungen in zweistelliger Millionenhöhe herkommen sollen. Will man am Ende schmerzhafte Einschnitte ins Nahverkehrsangebot riskieren, um die finanzielle Schieflage zu beheben?

Rigoroser Sparkurs

Vor allem die SPD sieht Stadtkämmerer Lars Martin Klieve als treibende Kraft hinter einem rigorosen Sparkurs, den Evag-Aufsichtsratschef Wolfgang Weber rundheraus ablehnt. Klieve dagegen sieht das Sparpotenzial bei allen EVV-Töchtern und der Holding selbst längst noch nicht ausgeschöpft: „Die Neigung ist groß, beachtliche Sparbeiträge für absurd zu erklären, obwohl man’s einfach noch nicht probiert hat.“ Er jedenfalls habe „großes Vertrauen darin, die Lücke mit Bordmitteln schließen zu können“ – zumal man die im Kernhaushalt ab 2017 erwarteten Überschüsse in den kommenden Jahren noch zuhilfe nehmen könnte.

Und wenn man innerhalb der gewählten Frist bis Ende Mai 2016 nicht jene „erheblichen Verbesserungen“ erzielt, die der Rat – hinreichend ungenau formuliert – verlangt? Für diesen Fall behält sich das Stadtparlament vor, den Töchtern im Einzelfall den strengen Papa in Gestalt von Unternehmensberatern ins Haus zu schicken. Die sollen dann die Geschäftsprozesse und Kostenstruktur der einzelne Gesellschaft „detailliert überprüfen.“

Finanzlücke bei der EVV

Die eklatante Finanzlücke bei der EVV war in diesem Jahr zutage getreten, weil die Kommunalaufsicht in Düsseldorf der Stadt Essen untersagt hatte, einen 42-Millionen-Euro-Kredit auszureichen, um die Holding flüssig zu halten. Am Ende gelang es durch den Verkauf der Finanzbeteiligung „Kom9“, die Lücke zu stopfen.

Auch im kommenden Jahr wirken sich noch einige Sondereffekte aus: Der Rückverkauf der Allbau-Beteiligung an die Stadt spült über 23 Millionen Euro in die EVV-Kasse, dafür entfallen die Dividende der städtischen Wohnungsgesellschaft genauso wie etwa die „Kom9“-Erlöse und die Finanzierungs-Kosten der Allbau-Anteile.

Bei der RWE-Dividende kalkuliert die Stadt mit nur noch 50 Cent statt einem Euro je Aktie. Allein dieser Schritt schmälert angesichts des üppigen Aktienbesitzes die Einnahmen um rund 8,4 Millionen Euro.