Essen. . Lisa und Klaus Krämer haben ihr Haus verkauft und sind im Alter noch mal umgezogen. Nun sind sie näher dran am Stadtleben und leben barrierefrei.

Lisa und Klaus Krämer stehen noch jeden Tag staunend auf ihrem Balkon. Von der zehnten Etage des Hochhauses aus haben sie einen überragenden Blick über den Essener Osten und Süden. Noch dazu hat das fallende Laub in den vergangenen Wochen immer wieder Neues freigegeben.

Vor gut zwei Monaten ist das Ehepaar Krämer (67,72) in die Eigentumswohnung am Rand von Stadtwald eingezogen. Die Rüttenscheider Straße ist nur zehn Gehminuten entfernt. Und auch die Philharmonie, die beide gerne besuchen, ist gut mit Bus und Bahn zu erreichen. Nun sind sie schneller im großstädtischen Leben. Lisa Krämer findet das „super“.

Das war in ihrem Eigenheim in Burgaltendorf, das sie 23 Jahre lang bewohnt haben, anders. Da sei abends der Bus nur noch einmal in der Stunde gefahren. Vor allem aber die Knieprobleme von Lisa Krämer zwangen das Ehepaar über die Frage nachzudenken: Wie wollen wir im Alter wohnen?

23 Jahre in Burgaltendorf gelebt

Wenn sie an ihr Haus zurückdenken, dann erzählen sie von ihrem kleinen Garten, in dem sie viele Partys gefeiert haben, von den Nachbarn und vom Haus selbst, das sehr individuell und besonders gewesen sei. Das aber auch Hanglage und viele Treppen hatte. „Was hätte mir der Garten noch genutzt, wenn ich ihn nur noch vom Wohnzimmer aus hätte sehen können“, sagt die 67-Jährige. In einer neuen Wohnung sollte alles auf einer Ebene sein und sie sollte dennoch viel Platz bieten.

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Zwei Jahre lang haben sie über einen Umzug diskutiert, Klaus Krämer tat sich schwer, sein Haus zu verlassen. „Aber alles hat eben seine Zeit“, sagt Lisa Krämer. Irgendwann an einem Samstag standen sie vor dem Büro von Immobilienmakler Carsten Frick in Rüttenscheid. Er sollte ihnen helfen, das Haus zu verkaufen. Der Besuch war sehr emotional, erinnert sich Frick, der solche Situationen häufiger erlebt. „Es ist ein mutiger Schritt, den die beiden gegangen sind.“ Viele hingegen würden zu lange überlegen und dann sei es manchmal zu spät, sich noch einmal zu verändern.

Ihre neue Wohnung fanden sie in einer Internet-Anzeige. Ein Glücksfall, wie sie meinen, denn das Angebot an barrierefreien bzw. -armen Wohnungen sei in Essen nicht besonders groß oder fast unbezahlbar.

Eine emotionale Entscheidung

Als Klaus Krämer das erste Mal vor dem Hochhaus mit 60 Wohneinheiten stand, wurden seine Zweifel nicht eben kleiner. Vom individuellen Eigenheim in ein riesiges Wohnhaus mit so vielen Nachbarn auf engstem Raum? Aber die Wohnung überraschte: großes Wohnzimmer mit großer Fensterfront, der Balkon Südseite, Küche, Bad, zwei Schlafzimmer und noch ein Gästezimmer. Das ganze auf knapp 120 Quadratmeter. Das schien schon ideal. Und dann noch dieser Ausblick! „Warum eigentlich nicht“, sagte er sich, als er draußen auf dem Balkon stand. Lisa Krämer war da schon viel weiter: „Klaus“, sagte sie noch im Fahrstuhl nach unten, „jetzt sind wir für jede weitere Wohnung verdorben.“ Der Preis für die Wohnung stimmte auch – sie zahlten weniger als 2000 Euro pro Quadratmeter. So blieb von der Summe, die das Haus abgeworfen hatte, auch noch einiges zum Leben und fürs Reisen übrig.

Gerade wird an ihrem Haus eine behindertengerechte Auffahrt gebaut, ringsum sieht es gepflegt aus. Darum kümmert sich der Hausmeister, der auch täglich die Zeitung vor die Tür legt und sich im Winter ums Schneeschippen kümmert. Viele ältere Menschen würden hier leben. Immer, wenn die Krämers neue Gesichter im Aufzug treffen, dann stellen sie sich den Mitbewohnern vor. Demnächst soll es im Haus auch eine Weihnachtsfeier geben. Und ihre direkten Nachbarn auf der Etage wollen die Krämers demnächst zum Kaffeetrinken einladen.