Essen. Der Essener Jörg Messerschmidt hat ein Buch über ein durchaus heikles Thema geschrieben: Stil, Kleiderwissen und guten Geschmack, speziell für den Herrn.

Berthold Beitz, der immer perfekt angezogen war, soll mal einen Mitarbeiter des Krupp-Pressebüros gefeuert haben, weil dieser im Dienst von seinen weißen Tennissocken nicht lassen mochte. Die Anekdote kann zwar nicht mehr auf ihren Wahrheitsgehalt abgeklopft werden, aber sie zeigt sehr schön: Kleiderfragen können eine bitterernste Angelegenheit sein, und vielleicht sind gerade deshalb viele Männer in Sachen Mode unsicher bis gleichgültig. Der Essener Maßkonfektionär Jörg Messerschmidt hat ein Buch geschrieben, das Männern Kleidungswissen und Mut zur Mode nahebringen will.

Ein verdienstvolles Unterfangen, wie ein kritischer Blick in beliebige Männeransammlungen oft genug zeigt. Aber keine Angst: Auch wenn der Titel des Buches mit „Stil“ kurz und streng daherkommt, so hat der 49-jährige Autor doch keinen dogmatischen Ratgeber nach Knigge-Art verfasst. „Selbst weiße Tennissocken können ja ein persönliches Statement sein“, so Messerschmidt versöhnlich. Modische Skurrilitäten seien respektabel, „wenn eine bewusste Entscheidung dahinter steht“. Das wird man bei Tennissocken zwar in 99 von 100 Fällen ausschließen können, aber dieser eine will uns vielleicht sagen: Hässlich, aber ich!

„Es ist schon so, dass erfolgreicher durchs Leben geht, wer Stil hat“

Bei aller Lockerheit sagt Jörg Messerschmidt in seinem Buch natürlich schon, was aus seiner Sicht von gutem Geschmack zeugt und wie man Kleidung einsetzt, um mehr aus sich zu machen. Das fängt bei Basiswissen über Länge und Breite, Farben und Kombinationen an, geht weiter zur Produktkunde und historischen Exkursen und endet schließlich bei Figur-Beratung und der Frage, was jemanden zur Stil-Ikone macht. Hier erfährt man, dass zwar theoretisch viele Männer einen Frack von Fred Astaire, den Bühnen-Dress von David Bowie oder die Bomberjacke von Steve McQueen tragen könnten, doch leider damit nur selten die gleiche Wirkung erzielt würde. Stil sollte man sich schon individuell zulegen, so Messerschmidts Rat. Realistische Vorbilder können hilfreich sein, Nachäffen aber eher nicht. Und was beim einen cool wirkt, kann beim anderen einfach nur schlechtes Benehmen sein.

Eines weist der Autor, im Hauptberuf Inhaber der Essener „Harper & Fields“-Filiale, zurück: die oft gehörte Aussage, Äußerlichkeiten seien doch gar nicht wichtig. „Es ist schon so, dass erfolgreicher durchs Leben geht, wer Stil hat“, glaubt Messerschmidt. Wer sich gut anzieht, zeige damit, dass er sich selbst etwas wert ist und bekommt in der Regel auch Anerkennung zurück gespiegelt. Kleider machen Leute – das gilt noch immer. Ein Mann im Anzug wird meist anders behandelt als der selbe Mann im Holzfällerhemd, egal, wie man dies unter des Aspekt des Gleichheitsgebots bewerten mag.

Schlimmer als Tennissocken: Langeweile

Die Geringschätzung der äußeren Erscheinung sei ein deutsches Phänomen, das tief in der nationalen Mentalität wurzele, wo die berühmte „Innerlichkeit“ alles überragt. „Wir Deutschen sind ein ernstes Volk, nicht sehr leichtfüßig“, seufzt Messerschmidt, der in Modefragen für mehr italienische Momente und Mut zum Eigenen wirbt. Denn schlimmer noch als Tennissocken seien Langeweile und Leute, die alles richtig machen wollten und dabei verkrampfen.

Als deutsch im Sinne von bodenständig sieht sich übrigens auch Jörg Messerschmidt, der mal Schreiner lernte, einen eigenen Betrieb hatte und dann vor 15 Jahren seiner schon in jungen Jahren entwickelten Liebe zur Mode nachgab und umsattelte. Bereut hat er das nie, und die ungebrochene Leidenschaft lässt sich in dem kurzweiligen Buch auch nachlesen.

Zu kaufen ist das Werk, das im Selbstverlag erschien, als Hardcover (29,90 Euro) oder als Taschenbuch-Variante (11,90 Euro). Infos unter www.joergmesserschmidt.de