Essen. Martin Lindow will es als „Der letzte der feurigen Liebhaber“ wissen. Wie viel Spaß selbst Versagen machen kann, zeigt das Stück im Rathaus-Theater

Lokalmatador Atze Schröder erlebt derzeit seinen größten Comedy-Hit mit dem Programm „Richtig fremdgehen“. Neil Simon, der amerikanische Altmeister der Boulevardkomödie, der Schöpfer von „Barfuß im Park“, „Sonny Boys“ und „Ein seltsames Paar“, hat sich dem Thema bereits vor mehr als vierzig Jahren ganz anders genähert. Mit „Der letzte der feurigen Liebhaber“ erfand er den erfolgreichen Versager Barney Cashmann. Bei der Premiere im Rathaus-Theater hatte daher vor allem das Publikum seinen Spaß.

Er gehört zu den Neil-Simon-Figuren, mit denen man sich identifizieren kann und die stets ein Hintertürchen zur Nachdenklichkeit offen halten: Bei Barney ist alles in Ordnung. Sein Fischrestaurant läuft bestens, seine Ehe nach 23 Jahren auch, die Kinder sind wohlauf. Doch alles bei ihm fühlt sich wohl temperiert an. Ihm fehlt das Knistern, eine tolle Flamme. Also legt er es auf einen Seitensprung an und scheitert in drei quälenden Annäherungsversuchen bis zur erlösenden Selbsterkenntnis.

Paraderolle für Martin Lindow

Für den Essener Schauspieler Martin Lindow, der zuletzt in „Der Vorname“ brillierte, ist es eine weitere Paraderolle. Er versteht sich auf Pointengewitter, punktgenauen Witz, selbst überbordende Komik wie auf leise Töne und vielschichtige Charaktere. Sabine Kaack, bekannt aus „Diese Drombuschs“ und erstmals in Essen auf der Bühne, steht ihm in einer Doppelrolle in nichts nach. Sie verströmt staubtrockenen Humor und feine Ironie als draufgängerische Elaine und erheiternde Melancholie als moralisierende Jeanette, pikanterweise die beste Freundin von Barneys Gattin.

Karten und Termine

Die Komödie „Der letzte der feurigen Liebhaber“ von Neil Simon ist noch bis zum 5. Januar im Rathaus-Theater zu sehen.

Die Silvester-Vorstellungen (16 und 19.30 Uhr) sind bereits ausverkauft.

Karten und Termine unter: 24 555 55 oder www.theater-im-rathaus.de

Dagegen hat es die Dritte im Bunde, Marie Anna Suttner als total überspannte Bobbi, mit ihrem Part schwer. Der hat schlichtweg Längen und lädt mit der Aufzählung von zwielichtigen Angeboten diverser Männer und den unendlichen Komplikationen einer mehr oder weniger verhinderten Schauspielerlaufbahn nicht gerade zum Hineinversetzen ein. Da ist offenbar auch der versierte Regisseur Ulrich Stark („SOKO 5113“, „Der Vorname“) machtlos.

Schnäuzer des Hauptdarstellers spricht Bände

Die Geschichte in den 1970er Jahren zu belassen, tut ihr keinen Abbruch. Das Wohnzimmer von Barneys Mutter (Bühne: Zoltan Labas), wo jedes Stelldichein stattfindet, leuchtet in Lilatönen, bei den Kostümen von Martin Lindows Ehefrau Claudia gibt es Anleihen an den damaligen Geschmack und der Schnäuzer des Hauptdarstellers spricht Bände. Der Stoff bleibt zeitlos. Und dass Ulrich Stark überdies seine Figuren mit ihren Marotten und Schwächen ernst nimmt, erweist sich einmal mehr als große Stärke. Fehlverhalten wie das Fremdgehen gehört zum Leben dazu. Wie sagt Barney so treffend: „Wir sind nicht unanständig, wir sind menschlich.“ Begeisterter Applaus.