Essen. . Den Umweltverbänden BUND und Nabu geht die Forderung anderer Initiativen, die Stadt möge ihren Wald am besten sich selbst überlassen, zu weit. Doch auch sie treten für einen Fällstopp ein – vorübergehend.
Als jüngst eine Reihe von Naturschutzinitiativen an die Öffentlichkeit traten mit der Forderung nach einer radikalen Wende im Umgang mit Essens Wäldern fiel auf: Namhafte Verbände wie der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) und der Naturschutzbund Ruhr (Nabu) hatten sich der Generalkritik am städtischen Eigenbetrieb Grün und Gruga nicht angeschlossen. Warum nicht? Der Auffassung, es genüge, die Natur sich selbst zu überlassen, wollen beide Verbände so nicht teilen. Cornelia Fitger vom BUND findet deutliche Worte: „Die Vorstellung, der Essener Wald wird zum Urwald, ist absurd und unrealistisch.“ Ein Weiter wie bisher darf es aber auch nach dem Willen von BUND und Nabu nicht geben.
Beide Verbände hatten sich gemeinsam mit der Naturschutzjugend bereits auf ein eigenes Positionspapier zum Essener Wald verständigt, bevor „Waldschutz Essen“ und andere mit ihren Forderungen den Weg in die Öffentlichkeit suchten. Inhaltlich finden sich sehr wohl Überschneidungen. So fordern auch BUND und Nabu eine Abkehr vom Konzept des so genannten Erholungs-Dauerwaldes, das Grün und Gruga bislang praktiziert. Nach diesem Konzept werden Bäume gefällt, damit jüngere leichter nachwachsen können. Im Wald finden sich Bäume verschiedenen Alters und eine größere Artenvielfalt. Doch zu häufig, zu intensiv werde dabei in den Bestand eingegriffen mit negativen Folgen für die Bodenbeschaffenheit und das Waldklima.
Das Fällen soll für 15 Jahre ausgesetzt werden
Nach „Ela“ biete sich die Chance, es besser zu machen. „Grün und Gruga sollte das Fällen für mindestens 15 Jahre aussetzen“, sagt Ulrike Eitner vom Naturschutzbund Ruhr. So könnten sich jene Bäume durch eine natürliche Auslese durchsetzen, die widerstandsfähiger sind gegen Klimaveränderung und Ausnahmeereignisse wie Pfingststurm „Ela“, die sich in Zukunft häufen dürften. Die Meinung, dass „Ela“ dort besonders große Schäden angerichtet hat, wo Grün und Gruga den Wald durchforstet hatte, teilen Bund und Nabu nicht. Das Schadensbild sei nicht einheitlich, sagt Cornelia Fitger. „Das Kamptal in Schönebeck ist auch durch Ela zerstört worden, obwohl es nicht durchforstet wurde“, ergänzt Ulrike Eitner.
Dennoch: Der Anteil so genannter Totholzinseln – allein dort wird der Wald sich selbst überlassen – sei zu erhöhen, das Aufforsten nicht nur dort zu unterlassen. Auch der Rückbau von Spazierwegen ist nach Einschätzung von BUND und Nabu unerlässlich. Nur so ließe sich der Wald erhalten. Die Pflicht von Grün und Gruga, dafür zu sorgen, dass die Wege sicher sind und niemandem ein Ast auf den Kopf fällt, stehe dem Ziel entgegen die Natur zu schützen.
Die beiden Umweltverbände sind sich sehr wohl bewusst, dass sie mit ihrer Forderung in der Bevölkerung auf Widerstände stoßen. Grün und Gruga müsse die Öffentlichkeitsarbeit intensivieren, lautet ihre Empfehlung. Der Eigenbetrieb setzt auf einen Ausgleich der Interessen und hat auch deshalb Nutzergruppen von Pilzesammlern bis zu Mountainbiker eingeladen, um einen Konsens zu finden im Umgang mit dem Wald. Das Ergebnis steht noch aus. Die Umweltverbände bleiben skeptisch. Ihr Eindruck nach zwei Workshops, so Cornelia Fitger: „Der Naturschutz kam zu kurz.“