Essen. Die Stadt Essen will vom Kita-Streik betroffenen Eltern die Beiträge Anfang 2016 zurückerstatten. Die Bezirksregierung gab dafür jetzt Grünes Licht.

Ein halbes Jahr nach dem wochenlangen Kita-Streik steht nun endlich fest, dass die Stadt betroffenen Eltern Beiträge zurückerstatten wird. Nachdem die Bezirksregierung jetzt den Haushalt genehmigt hat, „gibt es dagegen keine Bedenken mehr“, sagt Kämmerer Lars Martin Klieve.

Auf ein Weihnachts-Wunder dürfen die Eltern allerdings nicht hoffen. Zunächst muss der Rat an diesem Mittwoch formal dem Haushalt beitreten. Erstattet werden die Beiträge für Kitas und für den Offenen Ganztag an Grundschulen dann ab Anfang 2016 – und zwar anteilig. Also muss zunächst geprüft werden, ob das Kind zeitweilig eine Notgruppe besucht hat oder während des Streiks gar keine städtische Betreuung erhielt. Auch die Beitragshöhe fällt je nach Einkommen der Eltern unterschiedlich aus. „Das werden also zeitaufwendige Berechnungen“, sagt Klieve.

Die zuständigen Mitarbeiter des Jugendamts erledigen diese darum zusammen mit der jährlichen Einkommenseinschätzung der Eltern, erklärt Stadtsprecher Stefan Schulze. „Das ist ein Aufwasch. Und wir bearbeiten das automatisch: Die Eltern müssen keinen Antrag stellen.“

Eltern wurden "allein gelassen"

Beschlossen hatte der Rat die Rückerstattung bereits am 24. Juni, doch seither wurden die Eltern mit dem Hinweis auf den nicht-genehmigten Haushalt vertröstet. Noch Ende September dämpfte die Bezirksregierung Düsseldorf allzu hohe Erwartungen: Selbst wenn sie ihr Okay zum Haushalt gebe, dürfe „die Rückerstattung nicht dazu führen, dass Essens Konsolidierungsziele gefährdet werden“. Jetzt aber habe Düsseldorf klargestellt, „dass die Beiträge in der Höhe erstattet werden dürfen, in der Essen Personalkosten eingespart hat“, so Schulze. Diese Ersparnis liegt für Erzieherinnen und Angehörige anderer Sozialberufe, die am Streik teilnahmen, bei fast 1,2 Millionen Euro.

Kämmerer Klieve verwahrt sich jedoch gegen den Eindruck mancher Bürger, die Stadt habe an dem Streik verdient: „Kitas sind nie gewinnbringend; und die Elternbeiträge decken gerade 12 Prozent der Kosten.“ Wenn die Stadt also während eines Streiks Personalkosten spare, verringere das nur die Summe, die sie Monat für Monat draufzahle. „Aber die Eltern haben sich auf die Betreuung verlassen, und wir haben sie allein gelassen. Darum tragen wir mit der Rückerstattung der Beiträge einem gefühlten Gerechtigkeitssinn Rechnung.“ Es gebe aber keine Handhabe, die Beiträge eigenmächtig einzubehalten.

Stadt wollte einbehaltenen Monatsbeitrag eintreiben

Doch selbst dann wolle man die durch den Streik gebeutelten Familien nicht die volle Härte des Forderungsmanagements spüren lassen, heißt es bei der Stadt. Ein Richter, der einmalig den Monatsbeitrag von 100 Euro für den Offenen Ganztag seiner Tochter einbehielt, erlebte es anders. Der Jurist ließ es zunächst auf einen Briefwechsel mit dem Jugendamt ankommen, verwies auf den Ratsbeschluss vom Juni, der die Erstattung der Beiträge ohnehin zusicherte: „Es gibt einen Rechtsgrundsatz, wonach niemand etwas fordern darf, das er sowieso wieder zurückzahlen muss.“

Die Stadt blieb trotzdem stur, schickte ihm schließlich gar einen Inkassoauftrag, indem sie Vollstreckungsmaßnahmen androhte: „z.B. Sachpfändung, Kfz-Pfändung, Pfändung bei Banken und Arbeitgeber“. Angesichts dieses Szenarios und aus Sorge vor einem Schufa-Eintrag habe er gezahlt. Das Vorgehen halte er aber für eine „Unverschämtheit“.

In diesem Fall sollte es zur Rückerstattung der 100 Euro wohl auch eine Entschuldigung geben.