Essen. Das Museum Folkwang setzt im Ausstellungsjahr 2016 auf Vielfalt: Arbeiten von Fotostar Thomas Struth gehören ebenso dazu wie Collagen von Tomi Ungerer.

Das Museum Folkwang hat in diesem Jahr Schlagzeilen gemacht. Als bundesweit erstes Museum, das seine Sammlungsschätze durchgehend eintrittsfrei fürs Publikum öffnet, hat man in Essen dank der großzügigen Unterstützung der Krupp-Stiftung eine kulturpolitische Vorreiterrolle übernommen. Und das mit Erfolg. Die Besucherzahlen haben sich nach Angaben von Museumschef Tobia Bezzola seit dem Sommer verdreifacht. In Kürze will man Ergebnisse einer Besucherbefragung vorstellen.

Die programmatische Grundausrichtung von Bezzola, nicht nur alle paar Jahre für einen Paukenschlag zu sorgen, sondern kontinuierlichen Besucheranreiz zu schaffen, hat damit weiteren Rückenwind bekommen. Das Bemühen, das Haus möglichst abwechslungsreich zu bespielen, liest man auch dem gestern vorgestellten Ausstellungsprogramm für 2016 ab. 16 Sonderausstellungen und Sammlungspräsentationen von Malerei bis Skulptur, von Fotografie bis Plakatkunst sind aufgeführt. Große Namen sind dabei, aber sie werden nicht unbedingt im ganz großen und damit kostensprengenden Rahmen präsentiert, viele Formate setzen auf die konzentrierte Form.

35 Schlüsselwerke aus den Jahren 2007 bis 2013 präsentiert beispielsweise der Düsseldorfer Fotokünstler Thomas Struth. Nach der umfassenden Struth-Schau in der Kunstsammlung NRW 2011 spezialisiert sich Folkwang ab März mit 35 großformatigen Fotografien aus den Jahren 2007 bis 2013 auf Bilder zwischen Forschungsanlagen und Erlebnis-Parks, die technische Präzision und Welterforschungsdrang spiegeln.

Altmeister hat sein Kommen zugesagt

Zu den deutschen Weltstars gehört auch Katharina Fritsch: Dass die Bildhauerin 1956 in Essen geboren wurde, hat in der Ausstellungs-Geschichte bislang kaum Niederschlag gefunden. Eine kleinere Künstlerraumbespielung sorgt nun für Heimatbezug: In Essen kombiniert Fritsch Plastiken mit verfremdeten Siebdrucken historischer Postkarten von der Gruga bis zum Baldeneysee.

Essener Bezüge hat auch der französische Maler Pierre Soulages. Gemälde, die schon in den 1960ern in Essen gezeigt und angekauft wurden, treffen nun auf neue Arbeiten. Der 96-jährige Altmeister hat sein Kommen zugesagt. Den meisten bekannt ist Tomi Ungerer als Grafiker, das Folkwang zeigt ihn anders. Nicht die Illustrationen stehen im Mittelpunkt, sondern Collagen, aus den letzten 15 Jahren. Mit über 100 Zeichnungen zeigt der Düsseldorfer Bildhauer-Professor Richard Deacon erstmals sein grafisches Werk.

Retrospektive zum 100. Geburtstag Peter Keetmans

Aus dem Programm

Pierre Soulages Le noir, 15. Januar bis 26. Juni.

Thomas Struth, Nature and Politics, 4. März bis 29. Mai.

Tomi Ungerer, Incognito, 18. März bis 16. Mai.

Katharina Fritsch, 13. Mai bis 30. Oktober.

Peter Keetman, Gestaltete Welt, 3. Juni bis 31. Juli.

Richard Deacon, Drawings, 28. August bis 13. November.

Dancing with Myself, Werke aus der Sammlung Pinault, 7. Oktober bis 15. Januar.

Das rebellische Bild. Die Kreuzberger „Werkstatt für Photographie“ und die junge Folkwang-Szene. 9. Dezember bis 19. Februar 2017.

Die eigene Dauerausstellung im Dialog mit anderen Sammlung lebendig zu halten, ist ebenfalls Konzept. Der Essener Sammler Thomas Olbricht wird seine „enzyklopädische Sammellust“ im goldenen Helm der Los Carpinteros unterbringen, aus der Sammlung Looser kommen Meisterwerke von Giacometti bis Twombly nach Essen. Die Werke der Sammlung Pinault sollen im Herbst die Selbstfindung von Künstlerin wie Nan Goldin oder Cindy Sherman beleuchten und ein Highlight des Ausstellungsjahres bilden.

Die Fotografische Sammlung richtet Peter Keetman zum 100. Geburtstag eine umfangreiche Retrospektive aus, während zum Jahresende „Das rebellische Bild“ in die Kreuzberger Werkstatt für Photographie der 1980er Jahre guckt und den Einfluss auf die junge Folkwang-Szene beleuchtet. Rebellisch waren auch die Gestalter Rottke & Scheer im Umgang mit Theaterplakaten. Das Deutsche Plakat Museum beschäftigt sich außerdem mit dem noch jungen chinesischen Grafikdesign und den Plakaten von Emil Siemeister.