Essen. . Seit 17 Jahren pflanzt das Essener Jugendamt gemeinsam mit Pflegefamilien Bäume – und setzt so ein Zeichen fürs Ankommen und Wurzeln schlagen.
„Mama, guck mal. Hier sind ganz viele Würmer“, sagt die kleine Lara (Name geändert) mit einem Blick ins Erdloch und drückt Kirsten drei Regenwürmer in die Hand. „Damit können wir die Hühner füttern.“
Wie eine ganz normale Familie einen Baum pflanzen: Loch ausheben, Würmer finden, Baum einsetzen und hoffentlich irgendwann Früchte ernten. Doch bei Kirsten, die ihren Nachnamen nicht nennen möchte, ist es ein bisschen anders. Denn sie ist mit ihren zwei Pflegetöchtern zur Baumpflanzaktion des Jugendamts gekommen.
30 Pflegefamilien pflanzen gemeinsam auf einer Brachfläche in Horst Kirsch- und Apfelbäume – als Zeichen für die Familie. Jeder Obstbaum bekommt zur Wiedererkennung ein Schild mit dem Namen des Pflegekindes.
In der Familie Wurzeln schlagen
„Wir machen das seit 17 Jahren“, sagt Christiane Schroten vom Jugendamt. „Die ersten Kinder müssten jetzt volljährig sein.“ Die alte Symbolik vom Wurzeln schlagen sei aber immer noch aktuell. „Viele Kinder kommen aus schwierigen Verhältnissen. Wenn die Eltern psychische Probleme haben oder drogenabhängig sind, können sie sich nicht richtig kümmern.“ Dann sei eine Dauerpflege für Kinder und Eltern das Beste. „Wir als Jugendamt sind aber immer bemüht, die Probleme zu lösen, damit die Kinder bei ihren leiblichen Eltern leben können.“
Bis es zu einer endgültigen Entscheidung kommt, übernimmt eine Familie die Bereitschaftspflege. So war es auch bei Kirsten G. Bereits vier Kinder hat sie aus akuten Notsituationen bei sich aufgenommen. Und auch Lara sollte zunächst nur für kurze Zeit bleiben. Das Gerichtsverfahren dauerte aber so lange, dass die Essenerin die Kleine nicht mehr gehen lassen konnte. „Irgendwann wäre es unmenschlich gewesen“, sagt sie. Das Jugendamt prüfte den Fall und aus der Bereitschaft- wurde eine Dauerpflege. Und auch die zweite Pflegetochter, die ein Jahr später in die Familie kam, ist geblieben.
Stolze Geschwister
Das ist nun fast vier Jahre her. Heute gehören für Kirsten die fünf- und sechsjährigen Mädchen genau so zur Familie wie ihre drei leiblichen Kinder. „Für mich macht es gar keinen Unterschied. Ich liebe sie alle abgöttisch.“ Ihre anderen Sprösslinge stört der Zuwachs gar nicht. „Im Gegenteil: Sie sind ganz schön stolz.“ Und helfen auch tatkräftig mit. „Meine große Tochter hatte geschworen, nicht ständig den Babysitter zu spielen“, erzählt Kirsten. „Jetzt macht sie es freiwillig.“
Kontakt
Das Jugendamt Essen ist immer auf der Suche nach neuen Pflegefamilien. Pflegeeltern werden in Seminaren geschult und dauerhaft vom Jugendamt unterstützt. Falls Sie Interesse haben, kontaktieren Sie Ute Ducrée (stellv. Leiterin Soziale Dienste), unter 0201 8851365.
Ihre leiblichen Eltern sehen die beiden Mädchen einmal im Monat. Für Kirsten kein Problem: „Die Pflegeeltern gehören schließlich auch zur Familie.“ Ansonsten, so versichert die Essenerin, habe man mit Pflegekindern ganz normale Probleme. „Wie mit allen anderen Kindern auch.“ Ob sich das in der Pubertät einmal ändern sollte? Darüber macht sich Kirsten jetzt keine Sorgen.