Essen. Mit vier Stichen verletzte ein Mann seine Frau lebensgefährlich. Vor Gericht hatten die beiden sich wieder versöhnt. Die Strafe ersparte es ihm nicht.

Als rührend mochte im Gerichtssaal wohl niemand die offenkundige Versöhnung der Ehefrau mit dem Angeklagten, ihrem Ehemann, bezeichnen. Denn er hatte sie im Streit mit vier heftigen Messerstichen lebensgefährlich verletzt. Die VII. Strafkammer zeigte sich auch weniger versöhnlich und verurteilte den 32-Jährigen am Donnerstag zu fünfeinhalb Jahren Haft wegen gefährlicher Körperverletzung.

Dass er sich nicht wegen eines versuchten Tötungsdeliktes zu verantworten hatte, verdankt er sich selbst. Denn er hatte am 7. Juni in der Altendorfer Wohnung das Messer zur Seite gelegt, als seine Frau flehte, er möge doch an die fünf gemeinsamen Kinder denken. Danach rief er den Rettungswagen und die Polizei. Juristisch trat er damit freiwillig vom versuchten Tötungsdelikt zurück, wird lediglich für die Körperverletzung bestraft. Außerdem weist die Kammer den Alkoholabhängigen in die Zwangstherapie ein.

Dramatischer Streit

Es war ein dramatischer Streit, der zu den Stichen führte. Er kam 2008 nach Deutschland, holte seine Ehefrau erst in diesem Frühjahr zu sich. Die fünf Kinder blieben im Irak. Schnell beschwerte sich die Frau über seinen Alkoholkonsum. Schon seit dem 16. Lebensjahr, so hatte er mal gesagt, trank er Alkohol.

Am 7. Juni kam er wieder einmal betrunken nach Hause. 2,3 Promille Alkohol hatte er im Blut. Schon vormittags soll er seiner Frau einen Faustschlag ins Gesicht versetzt haben. Als er mittags feststellte, dass sie seinen Schnaps weggekippt hatte, rastete er aus. Er nahm ein Küchenmesser und stach zu: ins Gesicht, in den Bauch und zweimal in den Rücken. „Alle Verletzungen waren potenziell lebensgefährlich. Sie hätte sterben können“, sagt Rechtsmedizinerin Iliana Tzimas.

Keine Erinnerung mehr

Früher hatte der Angeklagte seine Frau bezichtigt, sich selbst verletzt zu haben. Darauf verzichtet er vor Gericht. Er könne sich nicht erinnern, sagt er, „aber wer soll es sonst gewesen sein? Es waren ja nur zwei Menschen im Raum“.

Ansonsten klagt er, dass auch sein Leben kaputt und der Alkohol schuld sei. Seine Frau demonstriert die Versöhnung, indem sie überraschend die Aussage verweigert. Nicht einmal die Narbe ihrer Gesichtswunde will sie dem Gericht zeigen: „Mir geht es gut.“

Staatsanwalt Joachim Lichtinghagen beantragt viereinhalb Jahre Haft, Verteidiger Andreas Renschler schließt sich schnell an. Doch seit Nils Feldhaus in diesem Jahr Vorsitzender der VII. Strafkammer wurde, werden die Anträge der Staatsanwaltschaft im Urteil gern überboten. So auch jetzt, ein Jahr mehr gibt es.