Essen. . Essener Eltern lehnten städtische Betreuungsplätze als ungeeignet ab und wählten eine private Kita für ihr Baby. Die Mehrkosten wollten sie einklagen.

Eltern, die für ihren Nachwuchs einen Platz in einer Kita oder die Betreuung durch eine Tagesmutter ablehnen, laufen große Gefahr, dass sie die Mehrkosten für eine Unterbringung in einer teureren privaten Einrichtung nicht von der Stadt ersetzt bekommen.

Auf etwa 7500 Euro muss ein junges Ehepaar verzichten, weil sie ihren Sohn im „Zwergenreich“ im Schlosspark Schellenberg unterbrachten und Angebote der Kommune missachteten. Die Eheleute nahmen am Mittwoch vor dem Verwaltungsgericht ihre Klage gegen die Stadt zurück.

Wohnung der Tagesmuttersagte den Eltern nicht zu

Der Grundsatz steht: Die Gemeinde muss allen Kindern unter drei Jahren einen Kita-Platz anbieten oder eine befähigte Tagesmutter benennen. In vielen Essener Stadtteilen ist das ein Problem. So waren Stadt und alle vier Elternverbände nicht in der Lage, dem Paar für ihr elf Monate altes Baby einen Platz in Heisingen zu beschaffen. Die Eltern wollten aber nach Ausnutzung der einjährigen Elternzeit wieder voll arbeiten, sie als Apothekerin, er als Ingenieur.

Bald nach der Geburt bemühten sie sich um eine Betreuung – ohne Erfolg. Dann kamen Angebote, die aus Sicht der Eltern völlig ungeeignet waren: zu weit entfernt oder qualitativ unterwertig. Einen alten Bauernhof in Kupferdreh konnten sie im Winter erst am dritten Tag erreichen; die Straße zur Anhöhe war nicht geräumt. Beim täglichen Zeitdruck auf dem Weg zur Arbeit, sie nach Neuss, er nach Mülheim, schien die Aussicht nicht prickelnd, auf dem Weg zur Tagesmutter im Schnee stecken zu bleiben.

Die Stadt bzw. der Verband der alleinerziehenden Mütter und Väter (VaMV) hatten eine Tagesmutter im Verteiler, die mitten in Kupferdreh wohnte. Doch die Wohnung schien den Eltern ungeeignet. Zu klein sei sie gewesen, nur ein Mini-Raum für drei Babys, zu viel Krimskrams überall, zwei Katzen, zu dreckig (Spinnweben), zu steile Treppe, offener Garten (ohne Tor oder Zaun), bemängelte das Paar.

Also entschieden sie sich für das „Zwergenreich“ mit aus ihrer Sicht sehr guter Betreuung. Diese Wohlfühloase war nahe am Zuhause – aber auch viel teurer: 500 Euro Anmeldung plus 1251 Euro Monatsbeitrag. Den Essener Höchstbeitragssatz für Eltern von 413 Euro abgerechnet, verblieb den Eltern so ein Mehraufwand von monatlich 838 Euro gegenüber einer anderen Betreuung. Infolge einer zweiten Schwangerschaft reduzierten sich ihre monatlichen Mehrkosten auf 504 Euro. Insgesamt liefen so immerhin noch Mehrkosten von rund 7500 Euro auf (ohne die 500 Euro Anmeldegebühr).

Richterin machte den Eltern wenig Hoffnung auf einen Erfolg der Klage

Die Vorsitzende Richterin machte nach sehr intensiver und langer Verhandlung unmissverständlich klar, dass die Klage keine Aussicht auf Erfolg habe. Die Kritik an der vermeintlich unzumutbaren Tagesmutter ließ sie nicht gelten. Diese sei überprüft worden und habe eine gültige Zulassung besessen. Wobei die Richterin konzedierte, dass man sehr individuelle Ansprüche an die Qualität einer Wohnung haben könne. Vielleicht hätte die Stadt Gelegenheit bekommen müssen, der Kritik nachzugehen.

Zweites Argument der Kammer war, dass die Eltern klar zu erkennen gegeben hätten, dass sie an weiteren Angeboten von Tagesmüttern kein Interesse hätten. Ihr Sohn fühle sich im Zwergenreich wohl und sollte dort nicht herausgerissen werden.

Inzwischen haben sich die Probleme gelöst: Die Familie ist nach Kettwig umgezogen. Der Sohn geht mittlerweile in einen Kindergarten, der zweite Sohn zu einer registrierten Tagesmutter.