Essen. . Immer öfter würden vertrauliche Fotos nach einem Liebes-Aus als Rache-Mittel eingesetzt, warnt nun ein Kommissar und Jugendkontaktbeamter Schüler in Essen.

Als so genannter „Jugendkontaktbeamter“ hält Kriminalhauptkommissar Michael Ebeler regelmäßig Sprechstunden an vielen Essener Schulen ab, „und was immer öfter vorkommt“, erzählt Ebeler, „ist, dass junge Mädchen tränenüberströmt zu mir in die Sprechstunde kommen.“

Als Ebeler das erzählt, wird es sehr still im Klassenraum. Denn hier sitzen 30 Mädchen, sie sind zwischen 13 und 15 Jahren alt, es ist die 9a. Sie gehört zum letzten reinen Mädchen-Jahrgang des BMV-Gymnasiums, ehe die Schule damit begann, auch Jungen aufzunehmen.

Ebeler ist viel an Schulen unterwegs, mehrere Tage war er jetzt an dieser Schule in Holsterhausen zu Gast, um über Rechte zu sprechen, Rechte von Heranwachsenden, und über Straftaten, und dabei spielt das Internet eine immer größere Rolle. „Das ist eine gesellschaftliche Entwicklung, der wir uns stellen“, sagt BMV-Lehrer Andreas Gerleve, und auch Polizist Michael Ebeler berichtet, dass das Thema „Mobbing im Internet“ seit Jahren zunehmend seine Arbeit beherrsche.

Anzeigen wegen Beleidigung stapeln sich

Auf seinem Schreibtisch, sagt Ebeler, sei auf der rechten Ecke ein Stapel Papier, drei Handbreiten dick, „alles Anzeigen wegen Beleidigung.“ Der Tatbestand, erklärt der Polizist, sei schon dann erfüllt, „wenn sich jemand beleidigt fühlt.“ Paragraf 185, Strafgesetzbuch. Auch böse Gerüchte zu verbreiten oder plumpe Lügen, in diesen Zeiten regelmäßig über digitale Netzwerke: eine Straftat. „Verleumdung“, erklärt der Polizist, Paragraf 187.

Mit vielen anschaulichen Beispielen aus seinem Arbeitalltag verdeutlicht Ebeler an diesem Morgen den Schülerinnen, wie wichtig der behutsame Umgang mit dem Smartphone oder dem Computer ist – und erzählt, dass immer öfter Mädchen völlig aufgelöst zu ihm kämen. „Geht vorsichtig mit Fotos von euch um“, mahnt der Beamte. Die verzweifelten Mädchen in seinen Sprechstunden hätten alle in der Vergangenheit ihrem Freund intime Fotos geschickt, „Fotos in Verliebtheit und Vertrautheit versendet“, so formuliert es Ebeler, nicht selten aber auch auf einen gewissen Druck hin.

Bilder als Racheakt verschickt

Und wenn die Beziehung dann zu Ende ist, reagierten die Jungen so: „Zwei von zehn ziehen sich in ihr stilles Kämmerlein zurück und trauern“, sagt Ebeler. „Acht von zehn sinnen auf Rache, schicken die vertraulichen Fotos ihrer Ex-Freundinnen dann an ihre Kumpels und behaupten, sie selbst hätten Schluss gemacht.“

Und dann sitzen die Mädchen da, fühlen sich bloßgestellt, gedemütigt, und vor allem vollkommen hilflos. Das ungefragte Veröffentlichen von Fotos, zum Beispiel in Online-Netzwerken, ist übrigens auch eine Straftat, denn sie verstößt gegen das „Recht am eigenen Bild“, Paragraf 22, Kunsturhebergesetz. Anzeige erstatten kann man übrigens auch, wenn der Tatverdächtige noch unter 14 Jahre alt ist, also noch nicht strafmündig.

Gefälschte Homepages

Und dann schildert Ebeler den dramatischen Fall einer 14-Jährigen, die eine private Homepage betrieb, zwar mit Bildern von sich, aber ohne ihren echten Namen und ohne Telefonnummer. Bis sich das Mädchen mit ihrer besten Freundin verkrachte, einer echten Technik-Expertin. Diese fälschte dann die Homepage des Mädchens, schrieb ihren richtigen Namen hinzu, die Telefonnummer, plus einige Gemeinheiten, in denen es um Sexualität geht. Es dauerte jedenfalls nicht lang, da kamen die ersten höhnischen Anrufe von Jungs, berichtet der Polizist.

Die Ermittler kamen der Täterin (15) übrigens schnell auf die Schliche, es folgte eine sehr ernste Ermittlung mit Hausdurchsuchung und Beschlagnahmung der Geräte der Täterin. „Die hatte außerdem 1000 illegal heruntergeladene Songs auf ihrer Festplatte“, berichtet der Polizist. „Für jeden musste sie dann 99 Cent Gebühr nachzahlen.“

Solche Beispiele verfehlen erkennbar ihre Wirkung nicht – an diesem Morgen und hoffentlich auch an allen anderen Tagen, an denen Ebeler in Schulen spricht.