Essen. Im Zweifel für die Angeklagten: Das Amtsgericht Essen hat zwei Security-Mitarbeiter vom Vorwurf der Misshandlung von Asylbewerbern freigesprochen.

Das Amtsgericht Essen sprach am Mittwoch zwei Sicherheitskräfte vom Vorwurf der Misshandlung von Asylbewerbern frei. Die Mitarbeiter des Essener Dienstleisters European Homecare, 22 und 23 Jahre alt, waren beschuldigt worden, im September 2014 willkürlich auf Flüchtlinge aus dem arabischen Raum eingeschlagen zu haben, die im Flüchtlingsheim im Opti-Park untergebracht waren. Die Vorwürfe hatten damals für Empörung gesorgt.

Schöffenrichterin Eva Proske sprach im Urteil zwar von einem “Freispruch im Zweifel für den Angeklagten”. Den Großteil ihrer fast einstündigen Urteilsbegründung nahmen aber die zahlreichen Widersprüche in den Aussagen der mutmaßlichen Opfer ein, weniger handfeste Verdachtsmomente: “Auf die Darstellungen der Zeugen können wir keinen Sachverhalt aufbauen, kein Urteil stützen.”

Gericht sieht zahlreiche Widersprüche

Erhebliche Abweichungen hatte es vor Gericht bei den Aussagen der angeblich Misshandelten gegenüber ihren Vernehmungen bei der Polizei gegeben. Die Art der Verletzungen unterschied sich ebenso wie die Zielrichtung der Tritte und Schläge. Plötzlich wurden auch andere Sicherheitskräfte als Täter genannt, von denen vorher nie die Rede war. “Wir haben alle unsere 20 bis 30 Widersprüche gehört”, hatte die Richterin an einem früheren Prozesstag gesagt. Auch Atteste, die es angeblich gab, waren bei der Polizei nie eingereicht worden.

Zeit hatte das Schöffengericht sich genommen. An sechs Tagen verhandelte es gegen die ursprünglich fünf Angeklagten. Gegen zwei Männer ruht das Verfahren mittlerweile, weil ein Zeuge nicht kam. Gegen einen weiteren stellte das Gericht das Verfahren auf Kosten der Landeskasse ein.

"Da muss mehr Personal eingesetzt werden"

Staatsanwalt Rudolf Jakubowski hatte am Mittwoch einen Teilfreispruch gefordert, für einen anderen Anklagepunkt aber Bewährungsstrafen von sieben und zehn Monaten beantragt. Auch Nebenklägerin Christina Worm forderte die Verurteilung der beiden Angeklagten. Die Verteidiger hielten dagegen. Rechtsanwalt Christoph Pindur: “So viele Widersprüche, da lässt sich nichts feststellen.” Und Verteidiger Christian Ullmann: “Diesen Zeugenaussagen kann nicht gefolgt werden.”

Das Gericht versuchte im Urteil auch zu ergründen, was die Asylbewerber veranlasst haben könnte, seit über einem Jahr so sehr an ihrer Opferrolle festzuhalten. Möglicherweise sei es ihre Verärgerung gewesen, weil die Wachleute die Hausordnung durchsetzen wollten. Denn sie waren in der Nacht zum 19. September in das Zimmer der Asylbewerber gegangen, um das Rauchverbot durchzusetzen. Vielleicht sei dabei ein zu harscher Ton getroffen worden, der für die Verärgerung sorgte, mutmaßte Richterin Proske. Diesen Ton wollte sie den Angeklagten aber nicht zum Vorwurf machen: “Wir haben von einem Heim gehört, in dem 500 Flüchtlinge leben und fünf Sicherheitskräfte für Ordnung sorgen sollen. Da muss mehr Personal eingesetzt werden.”