Essen. Die DRK-Schwesternschaft hat den Betriebsrat vor die Tür gesetzt. Grund ist ein aktuelles Gerichtsurteil, das aber noch gar nicht rechtskräftig ist.
Es war ein Paukenschlag im Juni vergangenen Jahres: Erstmals in der hundertjährigen Geschichte der DRK-Schwesternschaft hatten sich die rund 1600 Mitglieder einen Betriebsrat gewählt. Ein historischer Tag. Betriebsratsvorsitzende Andrea Elliott erinnert sich gerne an dieses „großartige Gefühl“.
Doch ihre Arbeit stand von Anfang an unter keinem guten Stern. Die Schwesternschaft hatte schon im Vorfeld der Wahl versucht, diese per Gericht zu verhindern. Und auch als die Abstimmung gelaufen war, zog sie vor das Arbeitsgericht. Mit erstem Erfolg. Vergangene Woche erklärte das Gericht: Die Betriebsratswahl 2014 war nichtig.
Oberin ließ Schloss austauschen
Grundsätzlich geht es in dem Streit um die Frage: Sind die DRK-Schwestern Vereinsmitglieder oder Arbeitnehmer? Im zweiten Fall würde für sie die gesetzliche Mitbestimmung gelten und somit auch das Recht, einen Betriebsrat zu wählen. Das Arbeitsgericht Essen hat dies verneint und wie in früheren Verfahren den Mitgliederstatus der Schwestern bestätigt. Notfalls will Verdi aber das Verfahren bis vors Bundesarbeitsgericht treiben.
Das Essener Urteil ist also noch gar nicht rechtskräftig, der Betriebsrat somit bis zur endgültigen Klärung weiter im Amt. Dennoch eskaliert seit Donnerstag die Situation am Hohlweg 8 – dem Verwaltungssitz der DRK-Schwesternschaft. Oberin Silke Schmalz verwehrt seither dem Betriebsrat den Zugang zum Betriebsratsbüro, ließ eiligst das Schloss austauschen. Die Betriebsräte fanden zwar Asyl im benachbarten Uniklinikum, wo die meisten DRK-Schwestern im Einsatz sind. Doch Andrea Elliott und ihre Kollegen kommen nicht mehr an ihre Unterlagen heran.
"Wir machen irgendwie weiter"
Verdi spricht von einer skandalösen Reaktion der Oberin. „Das ist Behinderung der Betriebsratsarbeit. Ein Gesetzesverstoß“, meint Petra Bäumler-Schlackmann, Gewerkschaftsbeauftragte für den Betriebsrat. Der Betriebsrat wehrt sich nun seinerseits und hat eine einstweilige Verfügung beim Arbeitsgericht eingelegt.
Andrea Elliott überrascht das harte Vorgehen der Oberin grundsätzlich zwar nicht, schließlich war ihr der Betriebsrat von Anfang an ein Dorn im Auge. Der frühe Zeitpunkt verblüfft sie schon. Schließlich kann das Verfahren noch Monate, wenn nicht gar Jahre dauern. Egal, wie der Streit weitergeht, „wir machen irgendwie weiter“, kündigt Andrea Elliott an.
Beirat hat keine verbrieften Mitbestimmungsrechte
Warum Oberin Silke Schmalz so resolut durchgreift? „Der Betriebsrat verursacht Kosten. Und die wollen wir abwenden“, erklärt eine Sprecherin der Arbeitgeberseite. Sie verweist außerdem auf eine neue Satzung des Vereins, die dem Beirat und somit den Vereinsmitgliedern mehr Rechte einräume.
Anders als ein Betriebsrat hat der Beirat jedoch keine gesetzlich verbrieften Mitbestimmungsrechte. Laut Verdi hatten sich in der Vergangenheit DRK-Schwestern immer wieder darüber beklagt, keine eigene Interessensvertretung zu haben. Aus Sicht der Gewerkschaft ist der Beirat auch kein Ersatz für einen Betriebsrat. Denn laut Satzung soll er „den Vorstand unterstützen“.