Essen. . Essen und Mülheim wollen das Land beim Flughafen Essen/Mülheim nicht aus der Verantwortung entlassen. Böser Verdacht: Wenn Essen/Mülheim schließt, darf Düsseldorf mehr lärmen.

Der Flughafen Essen/Mülheim ist seit Jahrzehnten ein Politikum. Die Zukunft des Landeplatzes liegt nun jedoch wieder einmal in den Händen der Gerichte. Denn das Land NRW steht vor dem Abflug. Wie berichtet, hat es Klage auf Auflösung der Flughafen-Betreibergesellschaft FEM eingereicht. Die Städte Essen und Mülheim wurden kalt erwischt und neigen dazu, das Ende der Betreibergesellschaft auf dem Rechtsweg abzuwenden.

Was will das Land mit seiner Klage bezwecken? In den Reihen der Mitgesellschafter spricht man von einem böswilliger Akt. Die Klageschrift ist jedoch nicht nur in puncto Stil bemerkenswert. Legen die Verfasser aus der Düsseldorfer Kanzlei Heuking, Kühn, Lüer, Wojtek doch ungewohnt offen, wie es um das Binnenklima bestellt ist: Das Verhältnis zwischen dem Land und den Mitgesellschaftern Essen und Mülheim wird als zerrüttet beschrieben, verweigerten sich diese doch jeglicher Veränderung. Da ein profitabler Betrieb des Flughafens auch für die Zukunft als aussichtslos eingeschätzt wird, ist das Land nicht mehr bereit, Geld in ein Fass ohne Boden zu schütten. Mehr als zehn Millionen Euro haben die drei Gesellschafter seit 1996 in den Flughafen gepumpt. Da weder Essen noch Mülheim bereits sei, die Landesanteile an der FEM zu übernehmen, strebt die Land deren Auflösung an.

Informationen bewusst vorenthalten?

Bemerkenswert ist die Klage aber auch deshalb: Wie die Verfasser darlegen, haben Gutachter die Auflösung der FEM schon 2012 als mögliche Option für den politisch gewollten Ausstieg aus dem Flughafen benannt. Auf Wunsch der Stadt Mülheim sei diese Option in das Gutachten aber nicht eingeflossen. Wurden den politischen Entscheidungsträgern also Informationen bewusst vorenthalten? Wenn ja, warum?

Die Grünen sehen sich in ihrem Verdacht bestätigt, dass gültige Ausstiegsbeschlüsse von interessierter Seite hintertrieben werden, allen voran von Mülheimer Seite. Zur Erinnerung: Das Luftschiffunternehmen Wüllenkemper ist einer der wichtigsten Gewerbesteuerzahler der Stadt an der Ruhr. Eine Teilfläche des Flughafens hat Mülheim bis 2034 an die Sportflieger des Aero-Clubs verpachtet. Schon 1998 hatte das Oberlandesgericht Düsseldorf festgestellt, dass der Verein jedoch keinen Anspruch darauf hat, dass der Flughafen in seiner bisherigen Rechtsform bestehen bleibt. Start- und Landerechte wären also nicht an die FEM gebunden.

Sympathie zeigen nur die Grünen

Sympathie für eine Auflösung der Flughafengesellschaft lassen allein die Grünen durchblicken. Flughafengegner treibt allerdings die Sorge um, dass die Start- und Landerechte dann an private Dritte fallen könnten. SPD und CDU betonen, dass sie am Ausstiegsbeschluss des Rates festhalten. Essens designierter Oberbürgermeister Thomas Kufen kündigt gar an, die Interessen seiner Stadt künftig persönlich im Aufsichtsrat vertreten zu wollen. Von der Leinen lassen will man das Land ohne weiteres aber nicht.

Warum? Guntmar Kipphardt, CDU-Ratsherr und Mitglied des Aufsichtsrates der FEM, empfiehlt die Flughafendebatte nicht isoliert über Essen/Mülheim zu führen. Seine These: Verkehrsminister Michael Groschek (SPD) will sich die in Rede stehende Kapazitätserweiterung des Flughafens Düsseldorf politisch erkaufen, in dem Essen/Mülheim geschlossen wird. „Der Preis, den wir dafür bezahlen müssten“, so Kipphardt in Anspielung wachsenden Fluglärms, „wäre sehr, sehr hoch“.