Essen. Die Veröffentlichung des Rechtsgutachtens zur Zweckentfremdung der Folkwang-Millionen beim Stadionbau sorgt im Rathaus für Wirbel. Erste Fraktionen fordern Konsequenzen.
In der Affäre um den Bau des Fußballstadions an der Hafenstraße durch die „Grundstücksverwaltung Essen“ (GVE) wird die Geschäftsführung der städtischen Tochtergesellschaft Anzeige gegen unbekannt stellen. Dies kündigte Oberbürgermeister Reinhard Paß gestern über die Stadtsprecherin Nicole Mause an. Am Nachmittag erklärte dann auch die GVE, genau so verfahren zu wollen. Stein des Anstoßes: der gestrige WAZ-Bericht über ein Rechtsgutachten zur Zweckentfremdung der für das Museum Folkwang vorgesehenen Instandhaltungsrücklage.
„Dass Inhalte dieses Gutachtens und damit Unternehmensgeheimnisse bewusst und anonym an die Presse-Öffentlichkeit lanciert wurden, verstößt gegen gesetzliche Geheimhaltungsfristen und ist unverantwortlich“, so Mause. Dadurch würden die Interessen der GVE, das Ansehen der Stadt und von handelnden Personen massiv beschädigt.
Wie berichtet, kommen die von der GVE beauftragten Gutachter zu dem Schluss, dass die Stadt bei der Zweckentfremdung der Folkwang-Gelder für den Stadionbau durch eigene „Sorg- und Arglosigkeit“ ein erhebliches Mitverschulden treffe. Bezug nehmen die Verfasser dabei auf eine von OB Reinhard Paß und Baudezernentin Simone Raskob unterzeichnete Vollmacht zugunsten der GVE. Die Gutachter sprechen von einer „carte blanche“, die der damalige Geschäftsführer Andreas Hillebrand zur Verwendung der auf einem Treuhandkonto „geparkten“ Folkwanggelder habe nutzen können.
FDP fordert Konsequenzen
Die Stadt betont, dass die Vollmacht „nach eingehender und intensiver Prüfung“ erteilt worden sei. Ausdrücklich nehme sie Bezug auf bestehende vertragliche Regelungen zum Museumsbau. „Dass die Mittel nicht einfach anderswertig verwendet werden durften, war vor diesem Hintergrund eine Selbstverständlichkeit“, so die Stadtsprecherin.
Die Stadt kündigte an, das Gutachten in den kommenden Tagen juristisch bewerten zu wollen. Die FDP-Fraktion fordert derweil bereits Konsequenzen. „Die städtische Vertreterin im Aufsichtsrat, Beigeordnete Simone Raskob, und Oberbürgermeister Reinhard Paß haben sich zumindest mitschuldig an den Geschehnissen gemacht, da sie durch fehlende Kontrolle im Rahmen des Beteiligungsmanagements nicht mehr in die Vorgänge involviert waren und das Fehlverhalten des ehemaligen GVE-Chefs zu spät bemerkten“, so Fraktionschef Hans-Peter Schöneweiß. Die Linke kündigte für die heutige Ratssitzung einen Dringlichkeitsantrag an: Das Rechnungsprüfungsamt möge prüfen, in wie weit die Stadtspitze in Entscheidungsprozesse rund um den Skandal eingebunden war.