Essen. . Nach Thyssen-Krupp will auch Trimet 66 Lehrstellen schaffen. Der Unternehmensverband warnt aber vor Euphorie: Jeder Zweite habe keine Qualifikation.
Der Essener Unternehmensverband (EUV) registriert eine verstärkte Nachfrage von Firmen, die ihren Fachkräftemangel mit der Einstellung von Flüchtlingen kompensieren wollen. So hat nun nach Thyssen Krupp, wo 150 zusätzliche Ausbildungsplätze für Flüchtlinge geschaffen werden sollen, auch Aluminium-Produzent Trimet signalisiert, 66 Lehrstellen für Asylbewerber bereit zu stellen.
Dennoch mahnt EUV-Geschäftsführer Ulrich Kanders Realismus an: „Die Qualifikation der Flüchtlinge ist nach Erkenntnissen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung niedriger als erwartet. Etwa die Hälfte bringt gar keine formale Eignung mit, gerade einmal 16 Prozent sind Akademiker. Und das ist noch optimistisch geschätzt.“ Zu dem Thema erreichen den Unternehmensverband aktuell zehn bis fünfzehn Anfragen pro Woche, Tendenz steigend. Die meisten Essener Firmen, die Interesse daran haben, Flüchtlinge einzustellen, stammten aus der Metall- und Elektroindustrie.
Wöchentliche Werksführungen für Flüchtlinge
Bei Trimet möchte man in einem ersten Schritt interessierten Flüchtlingen ab Oktober Werksführungen anbieten. Wöchentlich sollen bis Ende des Jahres die Flüchtlinge in Essener Unterkünfte mit Bussen abgeholt werden. Für potenzielle Lehrlinge soll parallel eine Qualifizierung beginnen.
„Wir starten mit Deutsch-Kursen, danach geht es in die Berufsvorbereitung, in der vor allem in den naturwissenschaftlichen Fächern nachgeschult wird. Außerdem wollen wir die Bewerber in unseren Ausbildungswerkstätten praktisch vorbereiten. Zum August 2016 könnte dann die Lehre an unseren bundesweit vier Ausbildungs-Standorten beginnen“, sagt Trimet-Personalleiterin Ellen Ronden.
Der Unternehmensverband setzt vor dem Start ins Berufsleben ebenfalls auf Bildung und Deutsch-Kenntnisse. Für Mitgliedsfirmen, die Deutschkurse für Flüchtlinge anbieten wollen, habe der EUV bereits Gespräche mit der Uni Duisburg-Essen und mit Bildungsinstituten geführt.
Zusammenarbeit mit der Arbeitsagentur
„Gemeinsam mit unserem Landesverband in Düsseldorf ist geplant, Schwerpunktberater einzusetzen, die den Unternehmen helfen und mit den Talentscouts der Arbeitsagentur zusammenarbeiten. Letztere sollen bei den Flüchtlingen die jeweilige Qualifikation überprüfen“, erklärt Kanders.
Auch die Agentur für Arbeit verzeichnet ein stärkeres Interesse der Unternehmen: „Die Bereitschaft der Betriebe nimmt zu: Viele kommen bereits mit konkreten Anforderungsprofilen zu uns und fragen auch, was sie für die Integration der Flüchtlinge auf dem Arbeitsmarkt tun können, etwa mit Hilfe von Praktika“, sagt Klaus Peters, Geschäftsführer der Essener Agentur für Arbeit. Nun gelte es aber zunächst, sich einen Überblick über die Kenntnisse der Zuwanderer zu verschaffen.