Essen. Das überraschend starke Ergebnis für CDU-Kandidat Thomas Kufen beflügelt seine Anhänger. Nun hoffen sie auf einen Erfolg bei der Stichwahl in zwei Wochen.
Die Stimmung bei der CDU im Rathaus ist schon am frühen Abend gut, aber als um 18 Uhr im Fernsehen die erste Prognose verkündet wird, brandet Applaus auf, wird gejubelt und skandiert: „Thomas Kufen – Thomas Kufen – Thomas Kufen“. Eine Millisekunde lang haben sie gezögert, es wohl gar nicht fassen können, doch nun wollen sie ihren Kandidaten sehen.
Kufen freilich lässt sich noch Zeit, bevor er ins Rathaus kommt; er möchte wohl ein bisschen mehr Gewissheit: nicht nur Prognosen, sondern ausgezählte Stimmbezirke. Essens CDU-Chef Matthias Hauer, der im Bundestag sitzt, hat für solche Vorsicht Verständnis: Bei der letzten Bundestagswahl erhielt er sein Mandat erst nach abendlicher Zitterpartie und späterem Nachzählen. „Das ist ja erstmal nur eine Prognose“, mahnt er. „Aber sie spricht für eine große Unzufriedenheit mit dem Amtsinhaber – das ist zumindest eine gute Basis für eine Stichwahl.“
Noch bescheidener drückt sich nur Thomas Kufen selbst aus, als er um 18.40 Uhr endlich zu seinen Leuten kommt und minutenlang gefeiert wird: „Wir wollten die Stichwahl gegen den Amtsinhaber – ich glaub’, die haben wir.“ Da lacht der ganze Saal.
Dann spricht Kufen kurz von der spürbaren Wechselstimmung in der Stadt – und davon dass er Essen dienen wolle: „Am 27. will ich einlösen, was ich versprochen habe: Diese Stadt gehört nicht der CDU, diese Stadt gehört auch nicht der SPD - diese Stadt gehört den Bürgern und Bürgerinnen.“ Ausdrücklich erwähnt er auch die Mitarbeiter der Stadtverwaltung, denen er „wieder mehr Anerkennung“ verspricht. Bevor es zu salbungsvoll wird, kriegt der sichtlich gelöste Kandidat die Kurve: „Und jetzt wär’ ich total dankbar, wenn ich auch ein Stauder bekomme!“
Kufen deutlich vor OB Paß
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Natürlich bekommt er sein Bier, und seine Anhänger verfolgen gebannt, wie ihre Partei auch in Essens Norden ungewohnte Erfolge erzielt. Für den CDU-Ratsherren Dirk Kalweit bestätigt sich hier, was er in den vergangenen Wochen an der Basis wie im Bekanntenkreis gespürt habe: „Mir haben auffällig viele Menschen erzählt, dass sie zum ersten Mal CDU wählen.“
Das mag auch daran liegen, dass Thomas Kufen den naturgemäß stark personalisierten OB-Wahlkampf noch mehr zur Personenwahl gemacht hat. Immer wieder hat er betont, dass er Oberbürgermeister für alle Essener sein wolle. „Erst die Stadt, dann die Partei“, dieses Mantra spricht er auch am Sonntag in zahllose Mikrofone.
Als Rollenmodell für eine moderne, großstädtische CDU mag er sich nicht vereinnahmen lassen. „Essen ist eine spezielle Stadt, die Stadt, für die ich brenne, für die ich mir die Buxe dreckig mache.“ Auch wenn ihm Kanzlerin Angela Merkel im Wahlkampf geholfen hat, betont Kufen, dass es bei der Wahl allein „um Essener Belange“ gehe. Die Bürger, auch in Essens Norden, hätten das offenbar gespürt: „Ich war überall in der Stadt unterwegs, nicht nur in Bredeney. Ich gehe überall auf die Menschen zu.“
Auf den Symbolcharakter des Erfolges hebt dann der Chef der CDU Ruhr, Oliver Wittke ab, der Kufen lange kennt und zum Gratulieren ins Rathaus gekommen ist. „Wenn sich die Welt verändert, können Sie als Partei nicht in einem Jahrzehnte alten Denken verharren. Thomas Kufen hat schon früh Themen wie Integration entdeckt, die uns heute enorm bewegen.“ Ihm sei es überdies gelungen, mit der CDU einen „sensationellen Wahlkampf“ zu machen: „In seiner Mannschaft herrschte Harmonie.“
Auf den Wahlkampf und die Teamleistung ist auch der frühere Essener CDU-Chef Franz-Josef Britz stolz – und darauf, „dass ich Thomas Kufen vorgeschlagen habe – das ist persönlich eine schöne Bestätigung“. Vom heutigen Montag müsse man erneut alle Kräfte mobilisieren, trotz des erfreulichen Rückenwindes: „Es geht bei Null los.“
Für einige Stunden aber werden die Christdemokraten die Gedanken an Wahlkampfstände, Sondierungsgespräche mit den kleineren Parteien oder an die bedauerlich niedrige Wahlbeteiligung beiseite schieben – und ihren Etappensieg in Rüttenscheid feiern gehen.
Doch bevor sie losziehen können, kommt gegen 19.20 Uhr der amtierende Oberbürgermeister Reinhard Paß auf Thomas Kufen zu, gratuliert: „Herzlichen Glückwunsch, das ist schon mal ein gutes Ergebnis! Wir sind immer fair mit einander umgegangen, dabei bleibt’s?!“ Kufen nickt, beide lächeln – einer etwas gelöster.
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