Essen. Mit Hilfe des Wohnungsaufsichtsgesetzes hat die Stadt drei Wohnungen für unbewohnbar erklärt. Die Grünen dringen auf systematische Vorbeugung.
Im Dach regnet’s rein, auf dem Hinterhof türmen sich Müllberge, und in den überbelegten Wohnungen herrscht drangvolle Enge. Um im erbitterten Kampf gegen Schrottimmobilien und skrupellose Vermieter besser gewappnet zu sein, hat das Land den Kommunen ein effizienteres Instrument an die Hand gegeben: das Wohnungsaufsichtsgesetz (WAG). Ein Werk, mit dessen Hilfe verwahrloster Wohnraum im äußersten Fall für unbewohnbar erklärt werden darf. Doch wie scharf ist dieses Schwert in der alltäglichen Praxis? Die Grünen-Fraktion wollte genau wissen, wie intensiv die Stadtverwaltung das WAG zwischen Karnap und Kettwig bisher angewendet hat.
„Dramatische Zustände wie in Duisburg-Marxloh oder in der Dortmunder Nordstadt haben wir in Essen erfreulicherweise nicht“, gibt Ahmad Omeirat, ordnungspolitischer Sprecher der Grünen, vorsichtig Entwarnung. Allerdings sei dieser Befund überhaupt kein Anlass, die Hände untätig in den Schoß zu legen. „Auch in Essen gibt es Schrottimmobilien und verantwortungslose Vermieter“, fügt der Ratsherr hinzu und dringt darauf, eine Art Radarwarnsystem anzulegen, das lückenlos alle gefährdeten Immobilien in Essen im Detail erfasst. „Diese Liste soll in erster Linie der Vorbeugung dienen“, fügt Omeirat hinzu.
Stadtwerke drehen den Hahn zu
In 55 Fällen hat die Wohnungsaufsicht der Stadt Essen seit Inkrafttreten des Wohnungsaufsichtsgesetzes im Frühjahr 2014 Eigentümer auffordern müssen, Missstände an ihren Häusern freiwillig zu beseitigen. Hinzu kommen weitere acht Fälle, in denen die Stadt Ordnungsverfügungen erlassen oder Zwangsgelder festsetzen musste. Mussten Wohnungen in Essen sogar für unbewohnbar erklärt werden? Ja. Drei Wohnungen – allesamt in einem einzigen Haus – befanden sich in einem derart prekären Zustand, dass Mieter zum Ausziehen aufgefordert werden mussten.
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Der Grund: Weil die Hauseigentümerin die Wasserrechnung nicht bezahlt hatte, drehten die Stadtwerke kurzerhand den Wasserhahn zu. Kurios: Während zwei Mietparteien auszogen, verblieb der dritte Mieter in der Schrottwohnung. Es handelt sich offenbar um jemanden, der von Obdachlosigkeit betroffen war und das Leben in einer Wohnung ohne fließendes Wasser angenehmer empfindet, als auf der Straße zu übernachten.
Telefon-Hotline könnte helfen
Der Ratsherr regt im Kampf gegen Problemhäuser eine enge Zusammenarbeit zwischen der städtischen Wohnungsaufsicht und der Essener Mietergemeinschaft an. Auch deren Sprecherin Siw Mammitzsch spricht sich für eine „institutionalisierte Zusammenarbeit“ aus.
Omeirat bedauert ferner, dass es für die Umsetzung des Wohnungsaufsichtsgesetzes keine feste organisatorische Stelle im Rathaus gebe. Ebenfalls sehr nützlich könnte eine Telefon-Hotline sein, an die sich betroffene Mieter vertrauensvoll wenden könnten. „Dann wäre die Stadt in der Lage, rechtzeitig einzugreifen und nicht erst, wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist.“ Die Mietergemeinschaft Essen bemängelt unterdessen, dass der Stadt keine eigenen Bautechniker zur Verfügung stünden. Auch die Zahl von drei Prüfungen pro Woche erscheint dem Mieterschutzverein viel zu gering.