Essen. Fast jeder Essener kennt die Villa Hügel von Ausstellungsbesuchen. Die WAZ führte nun in Kinder- und Dienstbotenzimmer, die sonst verschlossen sind.

Die Villa Hügel ist Stein gewordene Geschichte: Sie erzählt von einem aufstrebenden Familienunternehmen, das zum Weltkonzern werden sollte – und in Essen zu Hause blieb. In den für die Öffentlichkeit zugänglichen Räumen können Besucher bis heute dem Stolz und dem Repräsentationswillen des Bauherren nachspüren. In einer exklusiven Führung gelangten 14 WAZ-Leser nun auch in Räumlichkeiten, die einst der Gründerfamilie vorbehalten waren oder die den Betrieb des gigantischen Haushalts ermöglichten.

Manuela Fellner-Feldhaus vom Historischen Archiv Krupp führt die Gruppe gleich unters Dach. Auf dem Weg dorthin erfahren die Teilnehmer, dass die 1870 bis 1873 erbaute Villa 269 Zimmer, ein Damen- und ein Herren-Treppenhaus hat und erst in den 1930er Jahren Aufzüge erhielt. Oben im Belvedere lässt sich bis heute erahnen, welche Idee Alfred Krupp von seinem Wohnhaus hatte: Kühl ist die Architektur, das imposante Glasgewölbe sollte den darunter liegenden Raum mit Licht versorgen.

Blick über den Baldeneysee

Während es dem Bauherren um Funktionalität ging, staunen die Besucher heute über den weiten Blick auf Park und Baldeneysee. „Ich würde mir hier einen Stuhl hinstellen, ein Buch lesen und ab und an hinausschauen“, schwärmt Hannelore Trümper aus Burgaltendorf. „Schön wäre es nur, wenn man ein Fenster öffnen könnte, es ist sehr stickig.“ Dabei hatte Alfred Krupp einst ein damals modernes Belüftungssystem einbauen lassen, das sich jedoch als höchst anfällig erwies: „Es war so kalt in der Villa, dass Krupp zürnend nach Nizza reiste“, erzählt Fellner-Feldhaus.

Spätere Bewohner sollten das Haus mit üppiger Holzvertäfelung und Wandteppichen warm und wohnlich gestalten – Alfred Krupp. der große Angst vor Feuer hatte, wäre das wohl ein Graus gewesen. „In vielen Räumen bildeten sich im Lauf der Zeit verschiedene Schichten, und wir müssen sorgsam abwägen, welche wir für die Nachwelt erhalten“, sagt die Historikerin.

Dienstbotentrakt der Villa Hügel

Mitunter gilt es, Lücken zu füllen wie im Dienstbotentrakt, dessen Originalmobiliar nicht mehr vorhanden ist. Doch das Zimmer ist für zwei Bewohner relativ groß, hat Waschtisch und Tageslicht. Ein zur damaligen Zeit hoher Standard, der für einen Patriarchen spricht, der sich um seine Leute kümmerte und sie so an sich band.

Während die florierende Gussstahlfabrik bald Tausende beschäftigte, sorgten sich zu Hochzeiten immerhin 600 Menschen – von der Hühnerfrau bis zum Schuster – um die Bewohner der Villa und ihre zahllosen Gäste. Die Großküche im Keller zeugt vom Aufwand, den die Krupps als Gastgeber trieben, die Kinderzimmer von Bertha und Barbara erzählen von Behaglichkeit. Auf der Orgel-Empore und im schmucken China-Raum im Keller erfährt man, wie sich Zerstreuung im Laufe der Generationen wandelte. Für Oliver Stemann aus Bergerhausen hätte ein Blick ins Jugendstil-Schwimmbad das Bild abgerundet. Doch diese Tür blieb selbst für die WAZ-Leser geschlossen:Der Pool wird restauriert.