Essen. Addys Mercedes wurde in Kuba geboren. In ihrer Wahlheimat Essen singt sie heute vom Leben zwischen zwei Welten. Musik ist für sie auch Familiensache.
Addys Mercedes stammt aus Kuba, einem Land, das von Gegensätzen geprägt ist: auf der einen Seite Touristikzentren voller Luxus, auf der anderen Seite die normale Bevölkerung, für die dieser Luxus unerreichbar bleibt. Erinnerungen an ihre alte Heimat, aber auch Erlebnisse in ihrer aktuellen Heimat Essen verarbeitet die Sängerin in ihren Liedern.
So geschehen in ihrem Song „Nada“, den sie Anfang des Jahres als Single veröffentlicht hat: „Er handelt von diesem Gegensatz: In Kuba existieren zwei Welten, Armut und Reichtum, direkt nebeneinander“, erläutert Mercedes. Passend zu diesem ernsten Thema schwingt eine schwermütige Melancholie mit in diesem Lied. Doch ihr Werk ist nicht nur von Traurigkeit bestimmt: Der Titelsong ihres aktuellen Albums „Locomotora a Cuba“ etwa steckt voller traumhafter Leichtigkeit und Optimismus: „Ich komme leider nicht so oft in meine kubanische Heimat, wie ich möchte – und mit dem Flugzeug kann ich nicht so viele Geschenke für meine vielen Verwandten mitnehmen, wie ich gerne möchte. Also habe ich mir für den Song eine Lokomotive ausgedacht, die übers Meer nach Kuba fährt, in der ich ganz viel Gepäck mitnehmen kann – und in der ausgelassen gefeiert und getanzt wird.“
Aus dem sonnigen Kuba ging’s zunächst nach Gelsenkirchen
Ihre Songs meistern einen munteren Spagat zwischen Weltmusik, Jazz, Pop und Reggae. Doch sie verleugnen auch nicht ihre Wurzeln, wenngleich Addys Mercedes sich schon früh von kubanischen Klischees distanzieren wollte. Ein Grund, warum sie sich entschied, Kuba zu verlassen, nachdem sie sich 1993 in einen deutschen Touristen verliebt hatte: Damals stand sie in so einem Touristenzentrum, das sie heute in „Nada“ besingt, auf der Bühne. „Auch wenn ich das Glück hatte, auf diese Weise Dollars zu verdienen und meine Familie unterstützen zu können, wollte ich doch nicht nur die Lieder singen, die Touristen in Kuba erwarten.“
Ein Streifzug durch die Essener Musikszene
Sommer in der City; Zeit, auf den Sound einer Stadt zu hören, die nicht nur ein gefeiertes klassisches Orchester, große Konzertadressen und die Folkwang-Universität als Talentschmiede für junge Musiker hat. Auch abseits der etablierten Adressen hat Essen eine ungemein vielfältige Musikszene.
Die neue Reihe „Stadtmusikanten“ kann deshalb nur Schlaglichter werfen. Sie will Entdeckungen machen und Etabliertes präsentieren. Sie will nachhören, wo es in der Stadt rockt und groovt, aber auch die Meister der leisen Töne vorstellen. Sie erzählt, wie Weltmusik aus dem Kohlenpott klingt und wie Musiker aus aller Welt in Essen ihre neue musikalische Heimat gefunden haben.
Doch die Musikkarriere in Deutschland stockte zunächst. „Anfangs war ich schon etwas depressiv, weil ich das sonnige Kuba gegen Gelsenkirchen eingetauscht habe, wohin ich mit meinem damaligen Mann zunächst zog“, räumt Addys Mercedes ein. Doch spätestens, als sie in Düsseldorf Kai von Dewitz kennenlernte, machte ihre Karriere einen Satz nach vorn: Denn der Musiker, Produzent und Manager nahm die Sängerin unter seine Fittiche und produzierte mit ihr zunächst zwei viel beachtete Alben.
Fröhliche und tanzbare Sommer-Single
Doch auch privat funkte es. Mittlerweile steht das Paar zusammen auf der Bühne – ebenfalls stets dabei: die gemeinsame 14-jährige Tochter Lia. „Wir sind jetzt eine richtige Familienband“, freut sich die 42-Jährige.
Die nächsten Termine
Am 12. November gastiert Addys Mercedes in Löhne, am 21. Januar 2016 in Lünen (Heinz-Hilpert-Theater) – vorerst die einzigen Termine in der Nähe.
In Essen wird es voraussichtlich erst Ende nächsten Jahres einen Livetermin mit der Sängerin geben: Dann soll auch ihr mittlerweile fünftes Studioalbum erscheinen. Mehr Infos über ihre Musik und die anstehenden Termine: www.addysmercedes.com
Nach einigen Jahren auf Teneriffa lebt die Familie seit 2011 in Essen „Unsere Tochter hat hier bessere Möglichkeiten“, ist Addys Mercedes überzeugt. Und auch ihre eigene Karriere gewann wieder an Fahrt: Zwei neue Alben hat sie seitdem herausgebracht, die Vorabsingle „Rompe el Caracol“ („Komm ‘raus aus deinem Schneckenhaus“) des letzten Albums enterte als einzig spanischsprachiger Song sogar die deutschen Charts.
Spanisch bleibt die Sprache ihrer Musik: „Ich habe auch mal versucht, spaßeshalber Lieder auf deutsch zu komponieren. Aber mein Spanisch ist einfach flüssiger – und auf Deutsch hätte ich nur einen komischen Akzent“, lacht sie. Immerhin: Mit ihrem jüngst veröffentlichte Sommer-Single „Too Hot for Revolution“ versucht sie sich erstmals an einem zweisprachigen Song – spanisch und englisch. Trotz der ernsthaften Thematik – sie setzt sich darin mit der aktuellen politischen Situation auseinander – bleibt das Lied fröhlich und tanzbar. Gegensätze lassen Addys Mercedes nach wie vor nicht los.