Essen. . Ina, Tankred, Tillman und Tobias Stachelhaus haben mit verschiedenen Musikprojekten begonnen und stehen nun als Geschwister-Gruppe auf der Bühne.

In der Welt der Popmusik waren Familienbande ja schon oft die Wurzel für eine erfolgreiche Band-Geschichte. Die Brüder Gibb, die Jackson Five oder die Kelly-Family, sie verbindet eines. Die meisten haben früh zusammen angefangen und sind doch irgendwann auf Solopfaden gelandet. Bei „Stachelhaus“ ist das anders gelaufen. Die vier Stachelhaus-Geschwister Ina, Tankred, Tillman und Tobias haben in den vergangenen Jahren auf getrennten Pfaden einiges probiert, allein und mit anderen Bands, klassisch und rockig, mit Plattenvertrag oder eher nebenbei, um irgendwann festzustellen, dass es im Familienverbund am besten geht.

Mehr musikalische Freiheit, künstlerische Gleichheit, Brüderlichkeit sowieso – der französische Revolutionsruf ließe sich auch auf die Gemeinschafts-Erfahrung der Geschwister abwandeln. „Wir haben unseren ganz eigenen Sound entwickelt“, sagt Ina. Seit einer guten Weile gibt es sie also, die Band „Stachelhaus“. Vier Musiker jenseits der 40, die finden, dass es für einen richtig guten Auftritt nie zu spät ist. Das Debüt-Album „Love“ ist ab sofort digital auf dem Markt. Der Auftritt bei WDR 2 bei „Made in Germany - Musikszene NRW“ hat für Aufmerksamkeit gesorgt und die ersten Konzerte liefen vielversprechend. In der Kölner Kulturkirche sind sie vor 400 Leuten als Vorgruppe von „Radical Face“ aufgetreten, im Grend hatten sie volles Haus. Und das erste Musikvideo hat kein geringer als Licht- und Videokünstler Mischa Kuball für die Band gedreht.

Praktikum am Aalto führte zum klassischen Gesangsstudium

Kunst und Musik gehörten zwar immer zum Leben der kunstaffinen Familie Stachelhaus – die Mutter war Tänzerin, der Vater der bekannte Kunstkritiker Heiner Stachelhaus – aber aus jedem Jugendzimmer drang damals ein anderer Sound. Ina sang wie Joan Baez, bis sie ein Praktikum am Aalto zum klassischen Gesangsstudium führte. Tillman, der Älteste, brachte dem Jüngsten, Tankred, die ersten Gitarren-Akkorde bei, die er im Jugendheim zu Funk-Nummern verarbeitete. Während Tobias sein musikalisches Leben zunächst mit AC/DC und Judas Priest verbrachte - und sogar mal zur Vorgruppe von Deep Purple gehörte.

Ein Streifzug durch die Essener Musikszene

Sommer in der City; Zeit, auf den Sound einer Stadt zu hören, die nicht nur ein gefeiertes klassisches Orchester, große Konzertadressen und die Folkwang-Universität als Talentschmiede für junge Musiker hat. Auch abseits der etablierten Adressen hat Essen eine ungemein vielfältige Musikszene.

Die neue Reihe „Stadtmusikanten“ kann deshalb nur Schlaglichter werfen. Sie will Entdeckungen machen und Etabliertes präsentieren. Sie will nachhören, wo es in der Stadt rockt und groovt, aber auch die Meister der leisen Töne vorstellen. Sie erzählt, wie Weltmusik aus dem Kohlenpott klingt und wie Musiker aus aller Welt in Essen ihre neue musikalische Heimat gefunden haben.

Es hat gedauert, bis sich all diese unterschiedlichen Vorlieben und Einflüsse zum Stachelhaus-Sound verbunden haben. Musik, die sich nicht um den launischen Zeitgeist kümmert, sondern um den authentischen Klang. „Wir suchen nach dem Besonderen im großen Ozean von Musik“, sagt Tobias. Wie Treibgut hat sich da so mancher Lieblingssound des Lebens angesammelt und wird von den vier Musikern nun neu zusammengefügt, Folk und Funk, Klassik und Pop.

Nichts für hibbelige Dancefloor-Kröten

Eigene, alte Songs der Jugend sind noch dabei wie „Under The Trees“, bei dem sich bitterherbe Melancholie und süße Sehnsucht zum Zustand schwelgerischer Schwermut verbinden. Unterschiedliche Stilrichtungen und Sprachen kommen zum Einsatz, wie beim chansonhaften „Feux de Paris“ oder dem von spukhaften Halleffekten durchwehten „Trap“.

Das Ergebnis ist nichts für hibbelige Dancefloor-Kröten, aber das Richtige für Menschen mit erweitertem Gefühls-Horizont, schwebend und erdenschwer, sphärisch und getragen. Ein Herzensprojekt, das die Geschwister jetzt wieder öfter als sonst zu Probenwochenenden zusammenführt. Die Band hat die Familienbande gefestigt, die Rollenverteilung hingegen ist fließender geworden. Der Leadgesang, die Instrumente, die Zuständigkeit für Text und Musik werden immer wieder neu aufgeteilt. Geschwisterlich. Nach all den Jahren hat man das ausreichend geübt.