Essen. Wenn afrikanische Rhythmen auf Kumpel-Kolorit treffen: „Der Vorstand“ macht Musik aus dem Herzen des Ruhrgebiets. Und vergisst das Augenzwinkern nicht

Wer sich mit den musikalischen Wurzeln des Ruhrgebiets beschäftigen will, muss bald ernüchtert feststellen: Es gibt keine einheitlichen. „Wenn man in Bayern Volksmusik persiflieren will, hat man es einfacher“, hat Pidder Mertner festgestellt. „Im Ruhrgebiet existiert keine gewachsene Tradition.“ Dafür kommen im Ruhrgebiet Menschen unterschiedlichster Herkunft zusammen – da liegt es wohl auf der Hand, diese vielen Facetten und Einflüsse zu bündeln – so wie es Pidder Mertner seit fast 20 Jahren mit „Der Vorstand“ macht: „Weltmusik aus dem Kohlenpott“ hat sich das Trio auf die Fahne geschrieben.

Partytauglich ist es allemal, was Mertner zusammen mit seinen Mitstreitern Helmut Düngen und Doc Ophelders da auf die Bühne bringt. Polka trifft Pop, afrikanische Rhythmen grüßen bajuwarische Schunkelklänge, und auch vor amerikanischem Rap fürchten sich die Multitalente, die es zusammen auf 182 Jahre Lebenserfahrung bringen, nicht. „Nicht nur, dass wir uns der Musik aus allen Weltteilen bedienen“, erläutert Helmut Düngen, „das Ruhrgebiet gehört ja auch zur Welt – also ist Musik von hier auch Weltmusik“. Nur fröhlich und tanzbar müssen die Melodien sein, die „Der Vorstand“ einer Vielzahl von Instrumenten entlockt: Helmut Düngen etwa, der sich wohl aufgrund der Farbe seines Bartes und seines bissigen Humors „Der weiße Hai“ nennt, spielt Akkordeon und Saxophon. Doc Ophelders, der „Hafenstraßen-Paganini“, bläst die Trompete, haut auf die Percussions und streicht die Geige. Und Pidder Mertens steuert neben Percussions und Gitarre seine raue Stimme bei.

Infos zur Band

„Der Vorstand“ tritt momentan vornehmlich auf Privatfeiern auf. Der nächste öffentliche Auftritt ist am 19. Dezember im Duisburger Senftöpfchen.

Weitere Infos zur Band und Hörproben findet man im Internet auf: www.dervorstand.de. Und anderem gibt es dort auch eine Auswahl von Ruhrpott-Gedichten.

Dieses rauchveredelte Singorgan passt wunderbar zu den erdigen, komödiantischen Texten, die ebenfalls aus Pidder Mertens kreativer Feder stammen und die sich oft ums Leben im Ruhrgebiet drehen. „Mach Deine nächste Tour nach Essen an der Ruhr“, schlägt er in einem lokalpatriotischen Song etwa vor, in einem anderen Song besingt er augenzwinkernd die Arbeitsmoral eines Bauarbeiters: „Wenn keiner kommt, komm’ ich auch nicht.“ „Ich schaue dem Ruhrgebietsmensch aufs Maul“, betont er – sei es in Bus und Bahn, sei es in der Stammkneipe des „Vorstands“, der Ampütte an der Rüttenscheider Straße. Aufgeschnappte Dialogfetzen werden zu einem augenzwinkernden Spiegelbild des Lebens im Ruhrgebiet. „Unser Programm ist sehr kabarettistisch.“

Kostüme aus allen Teilen der Welt

Ein Streifzug durch die Essener Musikszene

Sommer in der City; Zeit, auf den Sound einer Stadt zu hören, die nicht nur ein gefeiertes klassisches Orchester, große Konzertadressen und die Folkwang-Universität als Talentschmiede für junge Musiker hat. Auch abseits der etablierten Adressen hat Essen eine ungemein vielfältige Musikszene.

Die neue Reihe „Stadtmusikanten“ kann deshalb nur Schlaglichter werfen. Sie will Entdeckungen machen und Etabliertes präsentieren. Sie will nachhören, wo es in der Stadt rockt und groovt, aber auch die Meister der leisen Töne vorstellen. Sie erzählt, wie Weltmusik aus dem Kohlenpott klingt und wie Musiker aus aller Welt in Essen ihre neue musikalische Heimat gefunden haben.

Doch nicht nur Musik und Kabarett mischt „Der Vorstand“ in den Live-Shows. „Wir sind eine regelrechte Ausstattungsrevue“, unterstreicht Helmut Düngen.„Es fing mal mit Afrikakutten an, zu denen wir verschiedene Kappen aus Helmuts großer Kappensammlung aufgesetzt haben“, so Doc Ophelders. Mittlerweile scheinen sie ihre Kostüme, die sie während ihrer Auftritte in schnellen Wechseln präsentieren, aus allen Teilen der Welt zusammengetragen zu haben.

Da passt es, dass „Der Vorstand“ auch Gründer der „Mau-Mau-Nacht“ sind, der schrägsten Kostümparty der Stadt, die dieses Jahr schon zum 21. Mal eine Alternative zum etablierten Karneval bot. „Hier hatten wir auch unseren ersten Auftritt als Band“, so Doc Ophelders. Denn immerhin ist die Mau-Mau-Nacht nicht nur eine spaßige Angelegenheit, sondern dient einem guten Zweck: Denn dort wird jedes Jahr für „Salisa“, einem Entwicklungshilfeprojekt für Afrika, gesammelt. „Wir sind der Vorstand dieses Vereins“, betont Doc Ophelders. „Da lag es nahe, dass wir auch unserer Band diesen Namen geben.“