Essen. . Mit Bezug auf die Tuchmacher-Tradition wollen die Werbegemeinschaften Kettwig und Werden erreichen, dass Textil-Läden an 40 Sonntagen öffnen dürfen.

Der Vorstoß war von Anfang an provokant: Kettwiger und Werdener Händler wollen die Ladenöffnung deutlich ausweiten. Geschäfte in ihren Stadtteilen sollen künftig an bis zu 40 Sonntagen im Jahr öffnen dürfen.

Oberbürgermeister Reinhard Paß hat den beiden Werbegemeinschaften allerdings jetzt den Wind aus den Segeln genommen. In einem Brief an den Werbering Werden und den Initiativkreis „Kettin“ erklärt Paß unmissverständlich, dass die Stadtverwaltung diesen Wunsch so nicht mittragen wird. Ein Stadtsprecher bekräftigte, dass man derzeit keinen Anlass sehe, eine entsprechende Verordnung auf den Weg zubringen, der am Ende ohnehin der Stadtrat zustimmen müsste. Paß bezeichnet die Begründung, mit denen die Werdener und Kettwiger argumentieren, als „bisher nicht nachvollziehbar“.

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Die beiden Händlerorganisationen sehen den Hebel im Ladenöffnungsgesetz, das Ausnahmen zulässt. Alle Bereiche von Werden, Kettwig, Bredeney und Heisingen, die nicht weiter als 300 Meter von der Ruhr entfernt sind, stehen auf der NRW-Liste der „Kur-, Ausflugs-, Erholungs- und Wallfahrtsorte“. Zum Beispiel dürfen im Marienwallfahrtsort Neviges an 40 Sonntagen Devotionalien verkauft werden.

20 Bekleidungsgeschäfte würden profitieren

Um ebenfalls als Ausflugsort anerkannt zu werden, beziehen sich Werden und Kettwig auf ihre Historie als Tuchmacherstädte. Es dürften also nur jene Läden öffnen, die einen Bezug zu dieser Tradition haben. Das wären in Kettwig und Werden rund 20 Bekleidungsgeschäfte. Doch die Stadt sieht in dem Verkauf von Bekleidung kein ortstypisches Sortiment, was es nicht auch in Karnap gebe. Wolfgang Bieger, Vorsitzender von Kettin, hält dies jedoch für zu eng ausgelegt. In Neviges beispielsweise würden unter anderem Wachskerzen verkauft, die es so auch in vielen anderen Geschäften gebe. „Was ist dann an Wachskerzen ortstypisch?“, fragt er. Offensichtlich tat sich Velbert damit nicht so schwer. Bieger sieht auch eher im baulichen Umfeld ein Argument und verweist auf viele Gebäude in Kettwig und Werden, die von der Tuchmacher-Geschichte zeugen.

Bieger ist bewusst, dass es keinen Rechtsanspruch auf eine solche städtische Verordnung gibt. Das hatte auch Paß in seinem Schreiben deutlich betont. „Gerade deshalb appellieren wir mehr an die politische Einsicht im Interesse einer sogenannten Standortsicherung, als an den verwaltungsjuristischen Sachverstand“, entgegnet Bieger.

Händler wollen noch nicht aufgeben

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Aufgeben wollen die Kettwiger und Werdener Händler aber noch nicht. Paß habe ihr Ansinnen ja nicht in Bausch und Bogen abgelehnt, meint Bieger. So deutet er zumindest den letzten Absatz in Paß’ Brief. Darin kündigt der Oberbürgermeister an, dass er die „persönliche Einschätzung“ der Händlergemeinschaften in der November-Sitzung des Stadtrates einfließen lassen werde. Paß spielt den Ball in die Politik. Denn in dieser Sitzung wird der Rat über die verkaufsoffenen Sonntage stadtweit beschließen.

Der Essener Einzelhandelsverband unterstützt den Vorstoß aus Kettwig und Werden nicht, hält sich in der Diskussion jedoch bewusst zurück. „Ich will es keinem nehmen“, sagte der Vorsitzende des Verbandes, Jürgen Bessel. Allerdings sei er skeptisch, ob sich eine solche ausgedehnte Sonntagsöffnung langfristig lohne.